Mit Innovation, KI und Leserbindung Vertriebserfolge sichern
Am Nachmittag des heutigen MVFP Distribution Summit standen neue Strategien zur Leser- und Abo-Gewinnung, innovative Paid-Content-Modelle, KI-gestützte Vertriebsansätze sowie die Rolle des Pressesortiments im Einzelhandel im Mittelpunkt.
Vanessa Bitter, COO von #UseTheNews, einem Bündnis von Medien-, Bildungs- und Wissenschaftspartnern, schilderte in ihrer Keynote zum Competence Center Young Audiences (CCYA), wie sich Jugendliche und junge Erwachsene für Medienmarken gewinnen lassen. Mithilfe von medienpädagogischen Fachleuten baut die Initiative Brücken zwischen Jugendlichen und Medienhäusern, um die Perspektiven junger Zielgruppen auf Nachrichtenmedien sichtbar zu machen und für die Weiterentwicklung von Medienangeboten zu nutzen. Dieser Austausch sei laut Bitter nur erfolgreich, diese auf Augenhöhe begegnen und gemeinsam an einem für sie relevanten, verständlichen und vertrauenswürdigen Journalismus arbeiten. „Wer junge Menschen erreichen will, muss ihnen zuerst zuhören – und ihnen dann die Chance geben, mitzugestalten“, betonte Bitter.
In der anschließenden Podiumsdiskussion mit einer Schülerin, einer Studentin und dem Publikum wurde deutlich, wie sich die junge Generation informiert: intensive Nutzung von Tech-Diensten wie Instagram und WhatsApp sowie eine hohe Affinität zu Audioformaten. Beide unterstrichen, wie wichtig Gesichter und persönliche Bindung für die Glaubwürdigkeit sind: „Wenn ich die Quelle anklicken und nachverfolgen kann, wirkt die Nachricht vertrauenswürdiger.“ Die jungen Gesprächspartnerinnen waren sich einig: Snackable Content, Transparenz und exklusive Inhalte im Abo sind entscheidend, um jüngere Zielgruppen zu erreichen und darüber hinaus zu binden.
In seinem Vortrag „Onboarding: Wie man neue Nutzer willkommen heißt“ zeigte Lennart Schneider, Berater und Moderator des Podcasts Subscribe Now, dass die ersten Minuten und Tage nach dem Abo-Abschluss entscheidend für den langfristigen Erfolg sind. „Untersuchungen zeigen, dass rund 13 Prozent der Neu-Abonnenten bereits am ersten Tag, 40 Prozent innerhalb der ersten 60 Tage kündigen. Das zeigt, wie wichtig ein professionelles Onboarding ist“, erklärte Schneider. Onboarding sei weit mehr als eine automatisierte Willkommens-E-Mailserie. Sie umfasst die gesamte „New User Experience“ über alle Touchpoints hinweg – von In-App-Erlebnissen bis zu E-Mails, Push-Benachrichtigungen oder persönlichen Kontakten. Wichtig sei es, sogenannte High Value Actions zu fördern – kleine, aber wirkungsvolle Schritte, die Nutzer schnell in eine Routine führen und so den „Customer Lifetime Value“ steigern.
Vom Kündigungsverhalten zu erfolgreichen Paid-Content-Strategien
Kündigungen von Abonnements sind ein entscheidender Faktor im Publishing-Geschäft. Dabei sind vor allem die ersten Tage im Abo-Lebenszyklus entscheidend. Das zeigt die aktuelle Churn Benchmark 2025 des MVFP, die Hendrik Schmalz, geschäftsführender Partner der Bardohn GmbH, auf dem Vertriebsfachkongress vorstellte. Die Studie wertet Daten von über 1,7 Millionen Plus-Abonnements von mehr als zehn Medienmarken aus und bietet Publishern die Möglichkeit, das Kündigungsverhalten ihrer Plus-Abonnenten nach verschiedenen Kriterien zu analysieren und objektiv zu vergleichen. „Die MVFP-Benchmark bietet Mitgliedern des MVFP eine seltene Möglichkeit der Positionsbestimmung und des objektiven KPI-Vergleichs. Interessenten können sich jederzeit kostenlos anmelden und an den MVFP wenden“, so Hendrik Schmalz.
Im Mittelpunkt des Vortrags von Erik Markert, Head of Content pd digital Hub GmbH, der Digital-Tochter der Mediengruppe Pressedruck, stand, wie die Belebung des digitalen Vertriebsgeschäfts gelingt. Grundlage aller Maßnahmen und Angebote ist der strategische Ansatz, Paid Content als das gesamte Nutzungserlebnis von der Bezahlschranke bis zur Kündigung zu begreifen sowie ein einheitliches Markenbild über alle Medienangebote hinweg einzuhalten. Um das Leser-Engagement zu stärken und die Haltbarkeit der Kundenbeziehung zu erhöhen, setzt die Mediengruppe auf ein neues „Plus“-Angebot: differenzierte Preisstaffelungen, attraktive Aktionsangebote, innovative Formate wie Event- und Fan-Fotos sowie Kooperationen mit Partnern zählen dazu.
Im Interview mit Markus Schöberl machte Bea Knecht, Gründerin von Zattoo und des KI-Unternehmens Genistat, deutlich, wie die KI-gestützte Analyse von Verhaltensdaten den Medienvertrieb neu definiert. Anstelle klassischer Zielgruppenpläne plädiert sie für Peer-Gruppen, die sich über Haltungen und Nutzungsmuster definieren. Nur so ließen sich Inhalte „wirklich passgenau distribuieren“ – von personalisierten Newslettern über smarte Paywalls bis hin zu neuen Print-Beilagen. „Verhaltensdaten sind ehrlicher als Umfragen – sie zeigen nicht, was die Leserinnen und Leser sagen, sondern was sie tatsächlich tun“, betonte Knecht. KI könne helfen, diese Muster sichtbar zu machen und Medienprodukte relevanter zu gestalten – aber immer als Werkzeug, nicht als Entscheider.
Pressesortiment und seine Rolle als Kundenbringer in Edeka-Märkten
Für Volker Wiem, Inhaber der Edeka-Märkte Niemerszein, bleibt das Presseregal ein wichtiges, wenn auch herausforderndes Element in den Hamburger Märkten seines Familienunternehmens. Da das Pressesortiment einen höheren Personalaufwand erfordert, sei er kontinuierlich dabei, Abläufe zu optimieren, damit die Märkte mit dieser Warengruppe auch künftig profitabel arbeiten können und das Pressesortiment an einem attraktiven Point of Sale erhalten bleibt.



