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Medien- und Werbewirtschaft kritisiert Wettbewerbsverzerrungen durch Google und wendet sich an die Europäische Kommission

Nachrichten Medienpolitik

Ein breites Bündnis aus Spitzenverbänden der Medien-, Internet- und Werbewirtschaft hat sich heute an die Europäische Kommission in Brüssel gewendet. Hintergrund sind Pläne von Google, im marktbeherrschenden Browser Chrome ab dem nächsten Jahr sog. Drittanbieter-Cookies zu blockieren. Die Verbände machen geltend, dass Google hierdurch gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstößt.

Medien- und Werbewirtschaft kritisiert Wettbewerbsverzerrungen durch Google und wendet sich an die Europäische Kommission

Google würde durch die geplante Änderung Wettbewerber und ihre Marktpartner von der Verarbeitung kommerziell relevanter Daten ausschließen. Den betroffenen Unternehmen würde der Zugriff auf legale Datennutzungsmöglichkeiten in unzulässiger Weise verwehrt, obwohl die ohnehin schon sehr strengen europäischen Datenschutzgesetze die Verarbeitung wettbewerbsrelevanter Daten mittels Cookies ermöglichen. Google versucht, als Gatekeeper kraft seiner faktischen Regelsetzungsmacht in die Geschäftsbeziehungen zwischen den Unternehmen und ihren Nutzern einzugreifen. Gleichzeitig sammelt Google selbst erhebliche Mengen an Nutzerdaten und wird durch die technischen Änderungen nicht beeinträchtigt. Durch das Verhalten missbraucht Google unter dem Deckmantel des Datenschutzes seine Marktmacht und verzerrt den freien Wettbewerb auf den Online-Werbemärkten. Das Unternehmen schwingt sich gewissermaßen zum Ersatzgesetzgeber auf, jedoch ohne hierfür legitimiert zu sein – die Ausgestaltung des Datenschutzrechts ist vielmehr (allein) Aufgabe des Gesetzgebers. Dies geht zulasten der freien Medien, der (Internet-)Wirtschaft und der Verbraucher. Derartige Verhaltensweisen sind von den europäischen Datenschutzvorgaben nicht vorgesehen und gefährden gleichzeitig die Medienvielfalt.

Wegen ähnlicher Vorwürfe eröffnete die Europäische Kommission im Juni 2021 bereits ein Wettbewerbsverfahren gegen Google, um die Praktiken des Unternehmens im Bereich der Online-Werbetechnologie zu untersuchen. Die Verbände unterstützen dieses Verfahren, indem sie unter anderem Daten und Analysen bereitstellen. Die Verbände werden in diesem Verfahren von der auf Medien- und Kartellrecht spezialisierten Kanzlei Hausfeld vertreten.

Das Bündnis besteht aus Verbänden der deutschen Medien- und Kommunikationswirtschaft. Unter dem Dach des ZAW umfasst es unter anderem die folgenden Organisationen:
 

Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung e.V.,

BDZV – Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger e.V.,

Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.,

OMG e.V. Organisation der Mediaagenturen,

Markenverband e.V.,

Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM),

• VDZ Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V. sowie

Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V.


Zu den Mitgliedern der Verbände zählen führende Medienanbieter, Vermarkter, Media- und Werbeagenturen, Werbungtreibende und Institutionen neutraler Sozial- und Marktforschung. Das Bündnis vereint die gesamte Werbe- und Medienwirtschaft in Deutschland hinter sich.

Zum Hintergrund:

Online-Werbung gilt als das „Lebenselixier“ des Internets und hat sich in den letzten Jahren weiter erfolgreich entwickelt. Zu diesem Erfolg trug insbesondere bei, dass Werbung in hohem Maße auf die tatsächlichen Interessen und Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer angepasst werden kann. Interessensbasierte Werbung bieten ihnen einen Mehrwert und ist daher relevanter für Verbraucher als Werbung, die keine Nutzerdaten berücksichtigt. Durch das Angebot effizienter Werbeanzeigen können Verbraucherinnen und Verbraucher zahlreiche Dienste nutzen, die andernfalls kostenpflichtig wären. Viele audiovisuelle Medien und journalistische Angebote wären ohne datenbasierte Werbung nicht finanzierbar, Werbungtreibende könnten nicht gezielt, effizient und kostengünstig potenzielle Kunden ansprechen.

Google will diesem Werbe- bzw. werbefinanzierten Ökosystem eine notwendige Grundlage entziehen und Drittanbieter-Cookies ab nächstem Jahr in seinem Browser Chrome pauschal blockieren – auch wenn Nutzer ihrer Verwendung gegenüber dem Anbieter zustimmen. Mit einem Marktanteil von über 60 Prozent ist Chrome der marktbeherrschende Webbrowser. Wenn es Google erlaubt wird, die geplanten Maßnahmen umzusetzen, werden alle Akteure in diesem Ökosystem hierunter erheblich leiden – außer Google selbst:

  • Ersten Markterhebungen der britischen Wettbewerbsbehörde CMA zufolge werden Online-Publisher möglicherweise existenzgefährdende Umsatzeinbußen von bis zu 70 Prozent erleiden. Die Presse-, Medien- und Rundfunkvielfalt wird reduziert, weil die zentrale Finanzierungsquelle zahlreicher Inhalteanbieter entfällt.
  • Verbrauchern wird eine geringere Auswahl an Online-Angeboten zur Verfügung stehen und sie werden künftig vermehrt für Inhalte zahlen müssen. Dies geschieht unabhängig von ihren Vorlieben und Entscheidungen: Google blockiert Drittanbieter-Cookies auch dann, wenn ihrer Verwendung zugestimmt wird. Hierdurch verletzt Google datenschutzrechtliche Grundprinzipien – etwa die freie, informierte Auswahlentscheidung der Nutzer – und greift in fremde Geschäftsbeziehungen ein.
  • Wegen höherer Streuverluste werden Online-Werbekampagnen für Werbungtreibende teurer – vom großen Markenunternehmen bis zum kleinen Nischenanbieter. Am Ende zahlen auch Verbraucherinnern und Verbraucher hierfür.
  • Google selbst ist von dieser Blockade nicht betroffen, kann also weiterhin Werbung personalisieren und seine Werbeerlöse immer weiter steigern. Werbungtreibende werden von Google immer abhängiger und müssen irgendwann Monopolpreise zahlen.

Mit dieser Beschränkung der Konkurrenz verschafft sich Google einseitige Vorteile. Die Verbände fordern, dass das Nutzen von Drittanbieter-Cookies erlaubt bleiben muss, sofern insbesondere Nutzerinnen und Nutzer in ihre Verwendung selbstbestimmt einwilligen. Die Verbände unterstützen in ähnlichen Verfahren bereits die britische Competition and Markets Authority (CMA) gegen Google und das Bundeskartellamt in Bonn gegen Apple. Alle Verfahren haben gemein, dass die Unternehmen zunehmend ihre diversen Torwächter-Stellungen missbrauchen, um unter dem Vorwand des Datenschutzes den freien Wettbewerb im Internet zu verzerren.

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