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Zeitschriftenverleger trotzen Corona-Folgen: 360°-Publishing und großes Leserinteresse stärken Magazinmedien

Nachrichten Pressemeldung Medienpolitik Print & Digital

Umsatz mit dem Leser stabilisiert das Verlagsgeschäft | Wachstumsdynamik bei Paid Content und Onlinewerbung | Effektive Regulierung der Torwächterplattformen Gebot der Stunde | Post- und private Zustellung muss bezahlbar bleiben | Schutz geistigen Eigentums durch Eins-zu-eins-Umsetzung des EU-Verlegerrechts | keinesfalls staatliche, redaktionelle Portale zulassen – Gesundheitsportal verstößt gegen Verfassung

VDZ-Jahrespressekonferenz 2021

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VDZ-Jahrespressekonferenz 2021

Die Medienmarken der Zeitschriftenverleger haben sich in der Corona-Krise behauptet, ihre Position in der Informationshierarchie der Bundesbürger gefestigt sowie digital signifikante Zuwächse erzielt.

„Die Zeitschriftenverlage profitieren in der Krise von der starken Nachfrage am Lesermarkt und tragfähigen 360°-Geschäftsmodellen. Sie leisten ihren Teil zur Krisenbewältigung und nutzen die Chancen am Leser- und Werbemarkt“, erklärt VDZ-Präsident Dr. Rudolf Thiemann im Rahmen der Jahrespressekonferenz des Verbandes. Ungelöst sei allerdings das Problem der Digitalmonopole, so Thiemann weiter, deren Marktmacht, Umsatz und Gewinne trotz Krise ungebremst weiterwachse. Das sei auch für die Pressefreiheit eine Herausforderung, da die Digitalplattformen zunehmend darüber entscheiden würden, wer Zugang zum Lesermarkt erhalte und wer seine Publikation durch Werbegeschäft, Vertrieb und Transaktionen finanzieren könne. „Der Digital Markets Act der EU ist die eine historische Chance, die Willkür der Torwächter durch den diskriminierungsfreien und fairen Zugang aller Publikationen zu Google, Facebook und Co. zu ersetzen“, fährt Thiemann fort. „Absurd ist es allerdings, wenn der Entwurf der Kommission bislang nur die App-Stores – und weder das Suchmonopol noch das soziale Netzwerkmonopol – auf diskriminierungsfreie und faire Zugangsbedingungen verpflichtet. Die Politik muss sich entscheiden, ob sie die Willkür der Monopole unterbinden oder mit den Torwächtern paktieren will. Zu den Rahmenbedingungen erfolgreicher Digitalisierung gehört insbesondere aber auch die bezahlbare Zustellung aller Zeitschriften und Zeitungen, die vor allem durch massiv fortschreitende Preiserhöhungen der Post immer mehr außer Kontrolle gerät.“

„Unsere Branche hat in der Pandemie ihre Resilienz bewiesen“, sagt Philipp Welte, Sprecher der Publikumszeitschriften und VDZ-Vizepräsident. „Wir sind in der dritten Dekade der Digitalisierung und damit der kontinuierlichen Veränderung, das hat sich jetzt ausgezahlt. Allerdings hat Corona den strukturellen Wandel in unseren Märkten beschleunigt und die Monopolbildung im Werbemarkt verstärkt: Fast ein Drittel der gesamten Werbeausgaben in Deutschland fließt inzwischen zu Google, Facebook und Amazon. Umso wichtiger ist es deshalb geworden, den Verlagen angemessene politische Rahmenbedingungen für ihre Arbeit zu schaffen: Wer eine freie Presse will, darf ihre wirtschaftlichen Grundlagen nicht verschlechtern. Von zentraler Bedeutung ist dabei der Digital Markets Act der EU, der die großen Tech-Plattformen auf diskriminierungsfreie und faire Zugangsbedingungen verpflichten muss, um die Willkür der Monopolisten zu beenden. Wir brauchen aber auch eine Stabilisierung der ungebremst steigenden Zustellkosten für Zeitschriften und Zeitungen, weil auch hier ein Monopolist willkürlich das wirtschaftliche Fundament der freien Presse destabilisiert. Sehr nachdenklich stimmt es unsere gesamte Branche, dass in dieser schwierigen Lage in unseren Märkten ausgerechnet die Bundesregierung mit ihrem redaktionellen Gesundheitsportal in Terrain eindringt, das in unserer Verfassung der freien Presse vorbehalten ist. Nur der Bundestag kann diesen Irrweg noch stoppen.“

Gerade in der Corona-Krise wurde die Bedeutung der Fachmedien überdeutlich. „Fachmedien sind für Wirtschaft und Wissenschaft in unserer Wissensgesellschaft unentbehrlich. Sie sind es, die Informationen in exklusiver Tiefe und Breite auf den Punkt genau liefern, Qualität garantieren, Know-how strukturieren und damit Austausch und Wertschöpfung in den Märkten intensivieren. Diese Pandemie zeigt insbesondere, welche zentrale Rolle Fachzeitschriften als Publikations- und Diskussionsforum für den wissenschaftlichen Fortschritt spielen“, betont der Sprecher der Deutschen Fachpresse und VDZ-Vizepräsident Dr. Klaus Krammer. „Wir fordern zusammen mit der Publikumspresse den klaren und nachhaltigen Schutz geistigen Eigentums durch die effektive Eins-zu-eins-Umsetzung des EU-Verlegerrechts. Dabei muss die digitale Vermarktung unserer Produkte gerade auch im Verhältnis zu den Aggregatoren robust gesichert werden. Überlegungen zur Schaffung eines digitalen Verleihrechts als gesetzliche Zwangslizenz für Bibliotheken müssen umgehend aufgegeben werden. Anderenfalls wären alle Zeitschriften vom Erscheinungszeitpunkt an überall kostenlos verfügbar. Das wäre eine bewusste und planvolle Zerstörung der Primär-Märkte der Fach- und Publikumsmedien.“

„Die Corona-Krise legt die Sollbruchstellen in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft offen. Es wurde im Corona-Jahr deutlich, dass die 360°-Versorgung der Lesermärkte über alle Verbreitungswege und die breit gefächerten Print- und Digitalmodelle der Zeitschriftenmedien zur Refinanzierung der Inhalte und Services funktionieren“, erklärt VDZ-Hauptgeschäftsführer Stephan Scherzer in Berlin. „Die Zeitschriftenmedien haben die Chancen der Transformation genutzt und verzeichnen digital erhebliche Reichweiten- und Erlöszuwächse, sowie gewachsenes Vertrauen in die Informationsqualität der journalistischen Angebote. Um die Erfolge in der Transformation nicht zu gefährden, fordern wir von der Politik ein Belastungsmoratorium für die gedruckte und digitale Presse.“ Den Paid Content-Umsatz mit E-Papern und Paywall-Modellen konnten die Publikumsmedien um 44 Prozent auf rund 200 Millionen Euro steigern. Die E-Paper-Auflage der Publikumstitel ist innerhalb eines Jahres von 31,4 Mio. auf 37,3 Mio. Ausgaben sowie die Zahl der Visits von 17,2 Mrd. auf 21 Mrd. gestiegen.

Die Zeitschriften konnten den Umsatz mit dem Leser durch ihren 360°-Ansatz mit Paid Content, Podcasts, Merchandising und anderen Online-basierten Geschäften steigern, damit aber den Umsatzrückgang im Konferenzgeschäft (-77 Prozent), im Print-Anzeigenmarkt von -11 Prozent und im Print-Vertrieb von -4,8 Prozent noch nicht wettmachen. Diese Geschäftsbereiche litten erheblich unter der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen.

Deshalb ging 2020 der Branchenumsatz von 20,2 Milliarden Euro in 2019 auf 18,8 Milliarden Euro zurück.

Welche enormen Folgen die kontinuierlich höher als die Inflationsrate steigenden Zustellkosten der Deutschen Post für die Zukunftsfähigkeit der Zeitschriften haben, werden die Ergebnisse einer noch in Auswertung befindlichen repräsentativen VDZ-Studie zeigen. Dazu wird es zeitnah eine Ergebnis-Präsentation geben, in der die Erhebung mit qualitativer Befragung und Auswertung quantitativer Marktdaten im Detail vorgestellt wird.

Trendumfrage: Zeitschriftenverleger fordern Begrenzung der Marktmacht der Digitalgiganten und sind besorgt über fehlgeleitete Regulierungsschritte
Die diesjährige VDZ-Trendumfrage verdeutlich die großen Sorgen über die Marktdominanz der Digitalkonzerne sowie die Bedenken vor wirtschaftsfeindlichen Regulierungsschritten, die die Refinanzierung journalistischer Angebote gefährden. Mehr als drei Viertel der teilnehmenden Zeitschriftenverlage fordern eine Verpflichtung der Digitalmonopole, alle Zeitschriften- und Zeitungsmedien diskriminierungsfrei für die Nutzung des Presseverlegerrechts zu entlohnen, niemand hält es für ausreichend, wenn die Digitalmonopole nur ausgewählte Medien für die Verwertung ihrer Inhalte bezahlen. Ebenfalls fast 80 Prozent sehen erhebliche Gefahren für das Digitalgeschäft durch die weitere Monopolisierung der Datenerfassung und -verarbeitung, wie es bspw. Google mit der sogenannten „Sandbox“ oder Apple mit der Einführung von iOS14 planen. Darüber hinaus befürchten 70 Prozent ein gefährliches Abschmelzen der Abo-Zahlen, wenn die schon jetzt sehr restriktive Regulierung des Telefonmarketings weiter verschärft werden würde. 70 Prozent sind der Auffassung, dass insbesondere redaktionelle Bezahlinhalte gefährdet werden, wenn es die Umsetzung des EU-Urheberrechtes in Abweichung von der EU-Richtlinie allen Nutzern gestattet, ohne Zustimmung der Rechteinhaber Artikelausschnitte und Bilder auf Upload-Plattformen zu veröffentlichen. Auch die redaktionelle Freiheit hängt zunehmend von digitalen Torwächtern ab, über deren Plattformen wachsende Leseranteile Presse konsumieren: Zwei Drittel der Verlage sind der Ansicht, dass alle Publikationen, die offline am Kiosk verbreitet werden dürfen, auch von digitalen Monopolplattformen mit Presseangeboten nicht aus inhaltlichen Gründen gesperrt werden dürfen. Diese Verlage lehnen es ab, dass digitale Torwächter nach eigenem Gutdünken über die Freiheit des Pressevertriebs entscheiden.

Corona hat Folgen über 2021 hinaus
Dass die Auswirkungen von Corona bereits in diesem Jahr vorbei sein werden, erwartet laut der VDZ-Trendumfrage lediglich 21 Prozent der Zeitschriftenverlage. Die große Mehrheit der Umfrageteilnehmer, die zwei Drittel des Branchenumsatzes repräsentieren, geht von länger andauernden Folgen aus: 55 Prozent rechnen auch 2022 mit Auswirkungen der Pandemie auf die Medienbranche, 23 Prozent noch darüber hinaus. Dementsprechend zeichnen sich erhebliche Konsequenzen für verschiedenste Unternehmensbereiche ab: So gehen 70 Prozent von einem geringeren Flächenbedarf bei gewerblich genutzten Immobilien und 63 Prozent von einer notwendigen Neugestaltung der Arbeitsverträge durch die Homeoffice-Angebote aus.

2021 verstärkt Investitionen in Digital- und Audio-Angebote
In Bezug auf die Geschäftserwartungen für 2021 sind die Zeitschriftenverleger der VDZ-Trendumfrage zufolge verhalten optimistisch. Umsatzsteigerungen bei Paid Content (+38 Prozent), im digitalen Werbegeschäft (+13 Prozent), im Digital-Vertrieb (+19 Prozent) und Brand Business (+ 32 Prozent) sowie bei Veranstaltungen (+ 52 Prozent) stehen erwartete Umsatzrückgänge im Print-Werbegeschäft von -7,5 Prozent und -3,8 Prozent im Print-Vertrieb gegenüber. Um zusätzliche Umsatzpotenziale zu heben, planen 71 Prozent, neue journalistische Digital-Angebote einzuführen, 61 Prozent neue Audio-Angebote. Auch in neue Print-Produkte werden die Medienhäuser investieren. Demnach wollen 36 Prozent neue Print-Sonderausgaben und 27 Prozent neue periodische Printtitel launchen.

Wie die bereits zum dritten Mal von der Schickler Unternehmensberatung im Auftrag des VDZ ermittelten Umsatzerlöse der VDZ-Mitgliedsverlage in den Bereichen Veranstaltungen, Bildung, Software und Services, Stellen- und Transaktionsplattformen zeigen, wurde das starke Wachstum der letzten Jahre 2020 in vielen einigen Bereichen der sonstigen Geschäftsfelder durch die Pandemie ausgebremst. Insgesamt erwirtschafteten die Verlage damit 3,84 Mrd. Euro nach 4,08 Mrd. Euro in 2019. Den weitaus größten Anteil machten mit 2,287 Mrd. (2019: 2,304 Mrd.) Euro die Transaktionsplattformen aus, also jene Erlöse, die über Kanäle wie E-Commerce, Vergleichsportale und Online-Rubriken-Märkte hereinkamen. Über den Bereich Bildung wurden Umsätze in Höhe von 197 Mio. (2019: 332 Mio.) Euro, über Veranstaltungen 58 Mio. (2019: 246 Mio.) und über Stellen-Plattformen 731 Mio. (2019: 773 Mio.) Euro erzielt. Das Geschäftsfeld Software und Services war das einzige, das 2020 wachsen konnte und den Umsatz auf 566 Mio. Euro (2019: 463 Mio.) steigerte.
 

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