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Reporter ohne Grenzen: JX Fonds bündelt Hilfe für Journalismus im Exil

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Reporter ohne Grenzen ruft zusammen mit der Rudolf Augstein Stiftung und der Schöpflin-Stiftung den JX Fonds ins Leben, einen europäischen Fonds für Journalismus im Exil.

Der JX Fonds soll Medienschaffenden unmittelbar nach ihrer Flucht aus Kriegs- und Krisengebieten schnell und flexibel dabei helfen, ihre Arbeit weiterzuführen. Dabei fungiert der Fonds als Schnittstelle, die die zahlreichen Hilfsangebote von Unternehmen, staatlichen Stellen und gesellschaftlichen Initiativen in Deutschland bündelt und gezielt dorthin weiterleitet, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Er soll unabhängige Medien im Exil auch über die jetzige Phase hoher Aufmerksamkeit hinaus stärken.

Der JX Fonds ist derzeit im Aufbau, erste öffentliche und private Geldgeberinnen und -geber haben ihr Interesse bekundet. Er wird von einem breiten Bündnis diverser Medien und zivilgesellschaftlicher Organisationen unterstützt. Dazu gehören bisher das Recherchezentrum Correctiv, das Haus für Journalismus und Öffentlichkeit PUBLIX, die Medien- und Wissenschaftsplattform dekoder, das Europäische Zentrum für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF), die NGO Media in Cooperation and Transition (MiCT), das Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung (n-ost) und die taz Panter Stiftung.

„Den vielen Journalistinnen und Journalisten, die zur Flucht gezwungen wurden, schlägt derzeit eine ungeheure Welle der Hilfsbereitschaft entgegen“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Mit dem JX Fonds wollen wir Angebot und Nachfrage zusammenbringen und Medienschaffende direkt nach ihrer Ankunft im Exil gezielt und unbürokratisch unterstützen. Sie sollen ihre Arbeit so schnell wie möglich wieder aufnehmen können, ohne dass sie vorher langwierige Projektanträge stellen oder aufwendiges Fundraising betreiben müssen. Gleichzeitig soll der Fonds Beratung und Hilfe bieten, um langfristig tragfähige Modelle für neue Exil-Medien zu entwickeln. Denn solche Medien bleiben oft die einzige Quelle unabhängiger Informationen über autoritär und diktatorisch regierte Länder. Wenn wir sie nicht unterstützen, gewinnt die Zensur.“

Hunderte Medienschaffende fliehen aus Russland, Belarus, Afghanistan

Putins Angriff auf die Ukraine hat nicht nur ukrainische Medien in eine existenzielle Krise gestürzt: Zahlreiche Redaktionshäuser wurden bombardiert, Reporterinnen und Reporter berichten unter Lebensgefahr. Dennoch arbeiten die meisten von ihnen bislang vor Ort weiter und dokumentieren die Geschehnisse für die nationale und internationale Öffentlichkeit. In Russland hingegen hat der Kreml die Zensur derart verstärkt, dass kaum noch Raum für Berichte jenseits offizieller Verlautbarungen bleibt. Neue Gesetze verbieten es, den Krieg in der Ukraine als solchen zu bezeichnen, und drohen mit jahrelangen Haftstrafen, wenn über die Kämpfe anders berichtet wird, als es das Verteidigungsministerium vorschreibt.

Hunderte russische Medienschaffende, die dem Druck der Behörden lange getrotzt und der Kreml-Propaganda ihre unabhängigen Berichte entgegengesetzt hatten, haben daraufhin innerhalb kürzester Zeit das Land verlassen. Viele von ihnen wollen ihre Arbeit im Exil fortsetzen und ihre Redaktionen neu formieren – sei es in den baltischen Ländern, in Georgien oder in Deutschland.

Ähnlich geht es den zahlreichen Reporterinnen und Reportern, die aus Belarus geflohen sind, nachdem das Regime von Alexander Lukaschenko Proteste rund um seine international nicht anerkannte „Wiederwahl“ im August 2020 mit brutaler Polizeigewalt niederschlagen ließ. Auch in Afghanistan gibt es nur noch halb so viele unabhängige Medien wie zuvor, seit die Taliban im August 2021 die Macht übernommen haben. Allein nach Deutschland sind seither rund 200 afghanische Medienschaffende geflohen.

Hilfe vor Ort in der Ukraine: Zentrum für Pressefreiheit in Lwiw

In der Ukraine, von wo aus viele mutige Journalistinnen und Journalisten trotz der Kämpfe weiter berichten, ist Hilfe derzeit noch vor Ort möglich. RSF hat deshalb am 12. März in Lwiw gemeinsam mit dem ukrainischen Institut für Masseninformation (IMI) ein Zentrum für Pressefreiheit eröffnet. Dort finden Berichterstattende Arbeitsplätze, können livestreamen und Schutzausrüstung ausleihen. Das Zentrum ist zudem Anlaufstelle für Journalistinnen und Reporter, die finanzielle oder psychologische Unterstützung suchen.

Agile Schnittstelle: JX Fonds bündelt und vermittelt Hilfsangebote

Seit Beginn des Angriffs auf die Ukraine ist eine enorme Welle der Hilfsbereitschaft in Deutschland zu beobachten: unter großen und kleinen Medienhäusern, Stiftungen und Berufsverbänden genau wie bei Behörden, staatlichen Stellen und in der Bevölkerung. Die Ideen reichen dabei von kurzfristigen Angeboten für individuelle Soforthilfe über die Bereitschaft, ausländische Kolleginnen und Kollegen in die eigenen Redaktionen zu integrieren, bis hin zum Willen, ganze Redaktionen oder neu entstehende Medien in diversen Exil-Ländern mittel- und langfristig zu unterstützen.

Um dieses Momentum zu nutzen und zu kanalisieren, ruft RSF zusammen mit der Rudolf Augstein Stiftung und der Schöpflin-Stiftung den JX Fonds ins Leben, einen europäischen Fonds für Journalismus im Exil. Er fungiert als Schnittstelle, die die zahlreichen Hilfsangebote bündelt und Ressourcen gezielt dorthin weiterleitet, wo sie am dringendsten gebraucht werden. So soll vermieden werden, dass Unterstützung verpufft, nur kurzzeitige Effekte hat, oder dass verschiedene Initiativen an selber Stelle doppelt arbeiten.

Kampagne zur Unterstützung geflohener Medienschaffender aus Russland

Anfang April startet der JX Fonds eine Kampagne, um Unterstützung für die zahlreichen aus Russland geflohenen Medienschaffenden zu mobilisieren. Genauso wichtig wie die individuelle Unterstützung im Einzelfall ist es dabei, Redaktionsstrukturen zu schaffen oder weiterzuentwickeln, damit die unabhängigen Journalistinnen und Journalisten, die der Kreml aus dem Land gedrängt hat, weiterhin berichten können und ihr Publikum erreichen.

Der JX Fonds will unabhängige Medien im Exil auch über die derzeitige Phase hoher Aufmerksamkeit hinaus mittel- und langfristig stärken. Wie erfolgreich Exil-Medien arbeiten können, zeigen der seit 2013 in Berlin ansässige aserbaidschanische Sender Meydan TV, das türkischsprachige Online-Medium #Özgürüz oder der 2009 in Paris gegründete eritreische Exil-Sender Radio Erena. Der JX Fonds soll helfen, bei Bedarf ähnliche Medien zu gründen und zu etablieren – nicht als Träger oder Herausgeber, sondern durch umfassende Beratung und intensive Begleitung. Im nächsten Schritt wird er auch auf die europäische Ebene ausgeweitet. Zu den weiteren Entwicklungen folgen in den kommenden Tagen weitere Informationen.

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