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PresseReport | Philipp Welte: Der direkte Kundenkontakt ist entscheidend

MVFP in den Medien Vertrieb

Interview mit dem MVFP-Vorstandsvorsitzenden und Vorstand bei Hubert Burda Media über den Strukturwandel im Handel für die Presseverlage.

Presse Report 1/2024, S. 4 + 5

Im Dezember 2022 wurde der Burda-Vorstand Philipp Welte zum Vorsitzenden des Medienverbandes der freien Presse gewählt. Er hat seitdem sehr intensiv die Interessen der Zeitschriften-Branche gegenüber der Politik sowie den Internet-Giganten wie Google, Facebook & Co. vertreten.

 

Mit viel Engagement setzt sich Philipp Welte als Vorsitzender des Medienverbandes der freien Presse (MVFP) dafür ein, dass sich die Zeitschriften einem fairen Wettbewerb gegenübersehen können. Philipp Welte prangert die unfairen Vorgehensweisen der Internet-Konzerne ebenso an wie Gesetzesvorhaben, die den Journalismus beschädigen oder die Verlage benachteiligen. Philipp Welte zählt zu den Managern auf der Verlagsseite, der sich als einer der ersten für eine Zusammenarbeit sowie für Kooperationen stark gemacht hat, um so gegen die Übermacht von Google bzw. Amazon bestehen zu können. Gegenüber PresseReport erläutert Philipp Welte seine Sicht auf die Bedeutung des Einzelverkaufs für die Zeitschriften-Branche. Für den MVFP-Vorsitzenden stehen die bewusste Kauf-Entscheidung am Point-of-Sale sowie das Umsatz-Volumen von 1,7 Milliarden Euro im Jahr im Vordergrund. Damit ist der Einzelverkauf nicht nur ein deutlich stärkerer Erlös-Bringer als die Werbung, sondern auch ein sehr relevanter Faktor für die Zukunft der Zeitschriften. Um sich im Regal durchzusetzen, müssen Zeitschriften laut Philipp Welte wie Markenartikel präsentiert werden. Hier müssen Verlage und Handel gemeinsam, Hand in Hand arbeiten, um die Aufmerksamkeit der potentiellen Käufer zu gewinnen.

PresseReport | Der Einzelverkauf galt einmal als Königsdisziplin im Presse-Verkauf. Welche Rolle spielt der Einzelverkauf heute überhaupt noch?
Philipp Welte | 
Völlig unverändert fühlen wir den Puls unserer Branche nirgendwo deutlicher als im Einzelverkauf – also dort, wo Menschen sich ganz bewusst für eines unserer Produkte entscheiden. Diese Regalmeter entscheiden über die Zukunft von Marken und damit von Verlagen. Eine Milliarde Zeitungen und Zeitschriften sind 2022 über die Presseregale verkauft worden, und mit 1,7 Milliarden Euro erwirtschaften Publikumsmedien im Einzelverkauf deutlich mehr Umsatz als etwa im Werbemarkt. Königsdisziplin passt also – aber wir stehen mit ihr auch am Scheideweg.

Wie meinen Sie das: Scheideweg?
Deutschland hat den vielfältigsten Zeitschriftenmarkt der Welt, und die Lebensader dieses Marktes läuft mitten durch den Einzelhandel. Über 34 Millionen Presseprodukte landen im Durchschnitt jede Woche von den Verlagen über die Grossisten bei den Händlern, aber die Zahl der Händler geht zurück, die Regalflächen schrumpfen, und mit den Regalflächen schwindet das Angebot oder verliert an Attraktivität. Unsere Zeitschriften sind Markenartikel, die präsentiert werden müssen, um die Aufmerksamkeit unserer Konsumenten zu gewinnen – und daran müssen wir arbeiten. Das geht nur gemeinsam, Hand in Hand für die Pluralität unseres publizistischen Angebots!

Wie herausfordernd ist der Strukturwandel im Handel für die Verlage?
Erheblich. Die Märkte werden immer größer, unsere Produkte kämpfen um die Aufmerksamkeit mit oft weit über 100.000 anderen Produkten, und die Kaufentscheidungen fallen oft in weniger als einer Sekunde. Erfolg für ein Produkt setzt in dieser Realität nicht nur journalistische Qualität und eine strahlende Marke voraus, sondern auch gutes Marketing. Erschwert wird diese Verkaufssituation für uns, weil die Menschen immer häufiger nur noch einmal pro Woche einkaufen und die großen Märkte nicht nur zwei, drei Kassen haben, sondern 20 oder 24. Diese beiden Faktoren beeinträchtigen schon rein mathematisch die Wahrscheinlichkeit, dass ein Konsument am Zeitschriftenregal vorbeikommt und ein Magazin mitnimmt. Der direkte Kundenkontakt ist mit Sicherheit ein entscheidender Faktor für die Zukunft unserer Branche – Menschen sehen unsere Produkte, nehmen uns wahr, wir gewinnen ihre Aufmerksamkeit über den Titel, über Zeilen, über Bilder. Und wenn wir unseren Job gut machen, gewinnen wir sie erst als impulsiven Käufer, dann auch als vertrauten Leser, der eine oder auch drei Wochen später wieder vorbeikommt und sagt: Ja, ich will Dich, BUNTE, ich nehm´ Dich mit nach Hause.

Welche Rolle spielen auf diesem Weg vom Impulskauf zum „Beziehungskauf“ die selbstständigen Presse-Einzelhändlerinnen und -Einzelhändler?
 Eine ganz entscheidende – sie können Heiratsvermittler sein! Also im Ernst: Der selbstständige Presseeinzelhandel wird von vielen Menschen für seine Nähe geschätzt, also der Nähe zum Konsumenten genauso wie der Nähe zum Produkt. Und genau dafür schätzen wir Verlage die Händlerinnen und Händler, die unsere Magazine kennen, sie in eigener Verantwortung wertschätzend präsentieren und am Ende unsere Konsumenten informieren und beraten. So entsteht eben oft mehr als ein singulärer Kauf, sondern eine Beziehung zwischen Zeitschrift und Konsument, gestiftet von einem selbstständigen Pressehändler. Natürlich ist dieses Bild romantisch verklärt, und der Strukturwandel reißt grausame Lücken in eine ideale Welt. 2021 gab es zum ersten Mal mehr filialisierte als nicht-filialisierte Presseverkaufsstellen in Deutschland. Trotzdem liebe ich diese Idee, ich bin mit ihr groß geworden. Und wenn es uns gelingt, diese Faszination der Zeitschrift als publizistischen Markenartikel in die Zukunft des Pressehandels zu transportieren, hilft das nicht nur dem Handel, sondern wir stärken das Fundament des Verlagsjournalismus in Deutschland.

 

Erschienen in PresseReport 1/2024 // Die Fragen stellte Peter Strahlendorf.

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