Konfessionelle Presse im digitalen Zeitalter
MVFP impuls | Als stellvertretender Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz sind Sie maßgeblich an der kirchlichen Medienarbeit beteiligt. Können Sie uns erläutern, womit sich diese Kommission beschäftigt und welche Bedeutung das Spitzengespräch zwischen Kirchen und Verlegern in diesem Zusammenhang hat?
Bischof Dr. Ulrich Neymeyr | Die Publizistische Kommission ist ein Gremium von Bischöfen sowie Beraterinnen und Beratern aus verschiedenen Medienfeldern. Sie trägt die Verantwortung für die strategische Ausrichtung der kirchlichen Medienarbeit auf Bundesebene in Zusammenarbeit mit den Bistümern und für die Begleitung und Beobachtung der deutschen Medienlandschaft aus kirchlicher Sicht. Zum deutschlandweiten Angebot der katholischen Kirche gehören u. a. die Katholische Nachrichten-Agentur und das Online-Portal katholisch.de sowie das ifp, das Institut für publizistische Ausbildung in München. Darüber hinaus sieht es die Kommission als elementaren Bestandteil von Medienarbeit an, Menschen allen Alters im Umgang mit Medien in der Digitalität zur Teilhabe zu befähigen. Medienkompetenz sehen wir als eine Schlüsselfähigkeit unserer Zeit. Das Spitzengespräch von Verlagen und Kirchen ist zu all diesen Themen sehr förderlich, um die jeweiligen Perspektiven kennenzulernen und Gemeinsamkeiten zu stärken.
Wie beurteilen Sie die Position der konfessionellen Presse in der deutschen Medienlandschaft im Hinblick auf Chancen und Herausforderungen?
Die konfessionelle Presse hat seit Beginn ihre feste Leserschaft im Kreise der Kirche nahestehender Menschen, die sich insbesondere für ihr Bistum interessieren. Damit haben konfessionelle Produkte einen starken lokalen Fokus auf die Menschen in ihrer Region. Diese Nähe ist in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten eine Chance, sich am Markt zu halten. Überregionale Zusammenschlüsse und kostenreduzierende Kooperationen können eine Möglichkeit sein, rückläufige Abonnements aufzufangen.
Welchen Beitrag kann die konfessionelle Presse zur Förderung des interreligiösen Dialogs und der Verständigung zwischen verschiedenen Glaubensgemeinschaften leisten?
Konfessionelle Presse kann durch ihre Arbeit einen wertvollen Beitrag zum interreligiösen Dialog leisten, weil sie eine besondere Expertise im religiösen Feld besitzt. Sie leistet einen Beitrag zu einer pluralistischen Gesellschaft, die eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Meinungen, Stimmen, Kulturen und Religionen benötigt. Mehr denn je kommt der gesamten Presselandschaft eine besondere Verantwortung zu, diese Räume offen zu halten und transparente und objektive Berichterstattung möglich zu machen.
Sie betonen die Bedeutung von Medienfreiheit und -vielfalt in Zeiten zunehmender populistischer Diskurse. Welche Notwendigkeiten sehen Sie, die freie Presse zu fördern?
Unterstützen Sie die Forderungen von MVFP und BDZV, den reduzierten Mehrwertsteuersatz für Presse weiter zu reduzieren? Die freie Presse ist im Verbund mit dem dualen Rundfunksystem in Deutschland essenziell für die Demokratie und das Gemeinwohl in unserem Land. Die Freiheit der Medien ist in unwägbaren Zeiten wie diesen unerlässlich. Es ist gegenwärtig offensichtlich, dass die Demokratie mehr Schutz bedarf und damit auch Journalistinnen und Journalisten, sodass diese ihre Arbeit ungehindert ausüben können. Damit die Medien ihre verantwortungsvolle Arbeit aber gut leisten können, müssen die Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer stimmen und auskömmlich sein. Die Politik sollte hier mit Augenmaß gute Wege finden.
Welche Rolle spielen digitale Medien und Social-Media-Kanäle heute für die Kommunikation der Kirche? Wie kann die konfessionelle Presse diese Kanäle effektiv nutzen?
Bei allen Gefahren, die man sozialen Netzwerken häufig vorwirft, sind sie doch ein vielfältiger öffentlicher Raum, in dem man Menschen begegnen und mit ihnen positiv ins Gespräch kommen kann. Sicherlich stellen die Anforderungen der unterschiedlichen Netzwerke eine Herausforderung dar, der sich kirchliche Medienschaffende wie andere auch stellen müssen. Für Bischöfe und Gemeindeleitungen sind die sozialen Kanäle insbesondere eine Chance, jüngere Menschen zu erreichen, die heute weniger als früher in kirchlichen Bezügen vor Ort sozialisiert werden.
Wie beurteilen Sie den Einsatz von KI im Journalismus? Welche ethischen Richtlinien sollten Ihrer Meinung nach für Medien im Umgang mit KI und automatisierter Inhaltserstellung gelten?
Papst Franziskus bezeichnete die KI als ein von Menschen geschaffenes »Werkzeug, das die Würde des Menschen respektieren und das Gemeinwohl fördern muss«. Die KI kann im Journalismus vieles effizienter und gründlicher als der Mensch erledigen. Sie kann helfen, Inhalte für unterschiedliche Zielgruppen passgenauer auszuspielen, und das ist bei allem wirtschaftlichen
Druck richtig und notwendig. Doch die Verantwortung, die ein freier Journalismus und der ihm verpflichtete Berufsstand tragen, kann niemals gänzlich durch die KI wahrgenommen werden. Auch in Zukunft wird der Mensch, mit seiner Empathie und der Fähigkeit zu kontextualisieren, der KI überlegen sein.
Was bedeuten freie Medien und Pressefreiheit für Sie persönlich?
Pressefreiheit ist neben einer unabhängigen Justiz eine Säule der Demokratie. Deswegen haben Journalistinnen und Journalisten eine große Verantwortung. Ich sehe mit Sorge, wie Diktatoren und Superreiche die Freiheit der Presse beschneiden oder gar beenden können.
Dr. Ulrich Neymeyr ist seit 2014 Bischof von Erfurt und stellvertretender Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz.