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Wort & Bild Verlag gegen Nationales Gesundheitsportal: OLG Köln verweist an das Verwaltungsgericht Köln

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Entscheidung führt zu erheblicher Unsicherheit seitens der Verlage in künftigen Fällen.

Foto: iStock/DNY59

Andreas Arntzen (Foto: Margaretha Olschewski)

Prof. Dr. Christoph Fiedler (Foto: MaxLouis Köbele)

Mit dem heutigen Beschluss zur Klage des Wort & Bild Verlags gegen das Nationale Gesundheitsportal (NGP) verweist das Oberlandesgericht Köln das Verfahren zum Verwaltungsgericht Köln. Damit setzt sich das Gericht aus Sicht des Verlags in Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der weiteren Zivilgerichte in vergleichbaren Fällen, in denen sich der Staat auf dem Markt der privatwirtschaftlichen Presse betätigte. Der Wettbewerb durch staatliche Publikationen und die Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse wurden bislang vor den Zivilgerichten verhandelt. Dass das OLG Köln dies in diesem Fall anders sieht, führt zu einer erheblichen Unsicherheit seitens der Verlage in künftigen Fällen. Diese Rechtsunsicherheit führt zu einer Beschneidung des effektiven Rechtsschutzes.

Gegenstand der Klage ist, dass das staatlich finanzierte und unmittelbar vom Bundesministerium für Gesundheit veröffentlichte NGP aufgrund seiner inhaltlichen Gestaltung in unzulässiger Weise mit vergleichbaren Angeboten der privaten Gesundheitspresse in den Wettbewerb tritt. Für ein Gesundheitsportal mit derart weitreichenden Artikeln zu Gesundheit und allgemeiner Lebensführung ohne inhaltliche Einschränkung gibt auch der eigens geschaffene § 395 SGB V keine rechtliche Grundlage, da dieser im Lichte der Pressefreiheit einschränkend auszulegen ist.

Mit der heute angeordneten Verweisung wird das Verwaltungsgericht Köln über die Klage mit dem bisherigen Verfahrens- und Sachstand nahtlos weiterverhandeln. Das OLG Köln hat keine Entscheidung in der Sache getroffen. Es obliegt nun dem Verwaltungsgericht Köln, die Zulässigkeit des NGP unter denselben rechtlichen Gesichtspunkten nochmals zu bewerten. Der Wort & Bild Verlag wird auch vor dem Verwaltungsgericht weiterhin für das verfassungsrechtlich geschützte Institut der freien Presse eintreten.

Massiver Eingriff in die Pressefreiheit
Das Baierbrunner Medienhaus und der MVFP kommentieren die Entscheidung der höheren Instanz folgendermaßen: „Die Trennung von Staat und Presse ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie. Die heutige Verweisung zum Verwaltungsgericht drei Jahre nach unserer Klageerhebung beschneidet unser Recht auf effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung der Pressefreiheit. Fälle, in denen sich der Staat zur privaten Presse in den Wettbewerb begibt, müssen auch weiterhin vor den Wettbewerbsgerichten im Zivilrechtsweg entschieden werden. Wir sind aber zuversichtlich, dass im Ergebnis das überzeugend begründete Urteil des Landgerichts Bonn bestätigt werden wird“, sagt Andreas Arntzen, Vorsitzender der Geschäftsführung des Wort & Bild Verlags.

„Es ist sehr enttäuschend, dass das Oberlandesgericht ohne nachvollziehbare Gründe den Zivilrechtsweg für nicht gegeben hält. Damit wird der Rechtsschutz gegen verfassungswidrige Staatspresse unkalkulierbar und in unzumutbarer Weise erschwert“, führt Prof. Dr. Christoph Fiedler, Geschäftsführer Europa- und Medienpolitik im MVFP, Chairman Legal Affairs EMMA - European Magazine Media Association, aus.

Andreas Arntzen ergänzt: „Unser Medienhaus erstellt als unabhängiges Presseunternehmen seriösen und qualitativ hochwertigen Gesundheitsjournalismus und trägt so seit fast 70 Jahren zur Gesundheitsaufklärung weiter Bevölkerungskreise bei. Darauf sind wir stolz und wollen auch weiterhin laienverständliche Gesundheitspresse mit höchstem journalistischen Anspruch betreiben. Das gelingt aber nur, wenn die Aufgabenverteilung zwischen Staat und Presse klar getrennt bleibt, wir und alle anderen Presseverlage wirtschaftlich arbeiten können und das Vertrauen der Millionen Leserinnen und Leser in die freie Presse hoch bleibt.“

Gegenstand des Verfahrens
Auf gesund.bund.de informiert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) seit September 2020 u.a. in den Rubriken Krankheiten und gesund leben in pressemäßig aufbereiteten Artikeln zu Themen der allgemeinen Lebensführung und Gesundheit.

Bereits im Februar 2021 hat der Wort & Bild Verlag beim Landgericht Bonn Klage gegen die Bundesrepublik, vertreten durch das Bundesministerium für Gesundheit, eingereicht.

Der Wort & Bild Verlag fordert die Untersagung des staatlichen Gesundheitsportals gesund.bund.de, da es aufgrund der journalistisch-redaktionellen und pressemäßigen Berichterstattung zu allgemeinen medizinischen Themen ohne konkreten Anlass (bspw. aufgrund einer Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung) gegen das Gebot der Staatsfreiheit der Presse verstößt und damit die Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG verletzt. Aus dem Aufgabenbereich des Bundesgesundheitsministeriums und auch aus der eigens eingeführten Regelung in § 395 SGB V folgt kein Recht, mit einem Presseangebot in den Wettbewerb zu treten, zumal es zahlreiche wissenschaftlich fundierte und evidenzbasierte Gesundheitsinformationen aus der privatwirtschaftlichen Gesundheitspresse und anderen politisch unabhängigen Institutionen gibt. Es liegt auch auf der Hand, dass das BMG zu Themen der eigenen Gesundheitspolitik keine unabhängige Haltung einnehmen kann und die Gefahr besteht, dass es sich an der eigenen politischen Linie orientiert und damit der Prozess der freien Meinungsbildung gestört wird.

Unterstützung erhielt der Wort & Bild Verlag dabei vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) – an dessen Stelle im April 2022 der MVFP getreten ist – sowie dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV). Sie hatten in einer gemeinsamen Stellungnahme im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bereits im Januar 2021 auf die Verfassungswidrigkeit der Regelungen zum Nationalen Gesundheitsportal im SGB V hingewiesen, die dennoch unverändert eingeführt wurden.

 

Pressekontakt:

Wort & Bild Verlag
Dr. Judith Pöverlein
Stellv. Leiterin der Unternehmenskommunikation
Tel. 0151 538 50309
E-Mail: j.poeverlein[at]wubv.de

MVFP Medienverband der freien Presse
Antje Jungmann
Leiterin Kommunikation
Tel. 030 72 62 98 - 110
E-Mail: antje.jungmann[at]mvfp.de   

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