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„Wir erleben gerade die dritte Stufe der digitalen Evolution“

Print & Digital

Jonas Triebel, Sprecher des MVFP-Arbeitskreises „Digital“ und Vorstand bei Foundry, spricht im Interview mit PRINT&more über digitale Erfolgsmodelle, Chancen und Herausforderungen von KI und sein Engagement im MVFP.

PRINT&more | Sie leiten den Arbeitskreis Digital des Medienverbands der freien Presse. Welche Ziele verfolgt dieser Arbeitskreis? Und wie viele Verlage engagieren sich ehrenamtlich in diesem Gremium?
Jonas Triebel | In unserem digitalen Arbeitskreis ist die komplette Bandbreite des Verbandes vertreten: Mehr als 20 Medienhäuser entsenden ihre Digitalexperten und -expertinnen. Dabei sind neben den großen Verlagen auch viele mittelständische Publisher engagiert. Als digitaler Arbeitskreis verfolgen wir im Kern das Ziel, die digitalen Geschäftsmodelle der Mitgliedsverlage weiterzuentwickeln. Dies bedeutet auch, dass wir uns neben dem Austausch über erfolgreiche Strategien und Technologien zusätzlich mit Themen wie der E-Privacy-Verordnung und dem Consent-Management beschäftigen.  

Welche thematischen Schwerpunkte bearbeiten Sie aktuell?
Die Chancen und Risiken von generativer AI stehen derzeit im Fokus. Hierbei geht es uns insbesondere darum, Anwendungsbeispiele aus der Praxis zu teilen und zu bewerten. Gleichzeitig beschäftigen wir uns mit dem sogenannten Consent-Management, also der Einholung der Zustimmung zur Verwendung von Cookies auf den Websites der Publisher. Außerdem initiieren wir zahlreiche Marktstudien, um noch besser zu verstehen, was die User von den hochwertigen Digitalangeboten der Verlage erwarten.  

Wie fördern Sie den Wissensaufbau und -austausch unter den Medienhäusern in diesem Gremium?
In unserem Arbeitskreis engagieren sich fantastische Kolleginnen und Kollegen, die eine Sache klar erkannt haben: Wir müssen die Zeiten hinter uns lassen, in denen wir andere Verlage als Hauptkonkurrenten sehen. Der offene und wirklich sehr vertrauensvolle Austausch in unserem Gremium ist unser Konzept und darauf sind wir sehr stolz.

Wo liegen die aktuellen Herausforderungen für Verlage in der Digitalisierung?
Im Digitalgeschäft stehen wir im massiven Wettbewerb mit den großen amerikanischen Plattformen. Die sogenannten GAFA haben aktuell einen Anteil von 70 Prozent am digitalen Werbemarkt in Deutschland. Vier globale Unternehmen teilen sich hier über 70 Prozent des Marktes! Leider führen zahlreiche Regulierungen der EU im Kern dazu, dass die amerikanischen Plattformen weiter gestärkt und wir als Publisher immer weiter geschwächt werden. Die E-Privacy-Richtlinie ist dafür ein weiteres bedauerliches Beispiel.  

Unter welchen Aspekten diskutieren Sie im Arbeitskreis das Thema Künstliche Intelligenz? Welche Chancen sehen Sie hier?
Diesen Technologieschritt sehen wir als fundamentale Veränderung im Publishing. Meiner Meinung nach erleben wir gerade die dritte Stufe der digitalen Evolution. Nach Suchmaschinen im Jahr 2000 und Social Media 2005 wird generative AI unsere Geschäftsmodelle sehr grundlegend verändern und bringt unzählige Chancen für die Medienhäuser. Beispielsweise sind wir in der Lage, die Quellcodes unserer Websites vom Chatbot auf Fehler überprüfen zu lassen. Eine Sache ist mir allgemein jedoch wichtig: Die Technologie muss immer den Menschen dienen und nicht umgekehrt. 

Voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2024 werden die Third-Party-Cookies unterbunden. Wie wird sich das auf die Medienhäuser auswirken?
Leider wird diese Entwicklung im Kern die GAFAs stärken und die Publisher in Deutschland weiter schwächen. Ich persönlich finde, dass ein Argument in der Diskussion zu wenig berücksichtigt wird: Cookies bringen im Kern einen großen Nutzen und viel Komfort für unsere User. Sie ermöglichen uns, Inhalte zielgerichtet auszuspielen und hochwertige Onlineangebote zu schaffen. Unsere Angebote haben einen höheren Nutzwert für unsere User durch Cookies. Gleichzeitig helfen Cookies natürlich bei der Monetarisierung der Online-Angebote. Ich finde, wir müssen uns überhaupt nicht dafür schämen, dass wir mit unseren hochwertigen digitalen Angeboten auch wirtschaftlich erfolgreich sein wollen.  

Welche alternativen Monetarisierungsmöglichkeiten für Verlage gibt es?
Die Chancen waren nie größer als im Moment. Wir erleben eine Welt, die sich nach einer Unterscheidung zwischen „Fake News“ und echten journalistischen Informationen sehnt. Niemand kann diese Einordnung besser vornehmen als die Mitgliedsverlage des MVFP. Diese Qualität wird sich am Ende bei den Usern durchsetzen und damit werden unsere Geschäftsmodelle weiter gestärkt.

Als Vorstand von Foundry haben Sie sicherlich zahlreiche Themen auf dem Tisch. Warum engagieren Sie sich darüber hinaus ehrenamtlich in verschiedenen Rollen beim MVFP? Welche Bedeutung hat das Ehrenamt für Sie? Und warum halten Sie das für die Branche für wichtig?
Ehrenamtliches Engagement bildet aus meiner Sicht das zentrale Herzstück in unserer Gesellschaft. Stellen Sie sich vor, wir handelten nur nach dem eigenen persönlichen Nutzen, ohne Rücksicht auf unsere Mitmenschen. Eine solche Welt möchte ich nicht erleben! Der MVFP übernimmt eine bedeutende gesellschaftspolitische Rolle in Deutschland. Unsere Mitgliedsverlage berichten unabhängig und kritisch über das Weltgeschehen, häufig sind Journalisten dabei in Gefahr, werden bedroht und angegriffen. Unsere gemeinsame Aufgabe als Verband ist es, die Pressefreiheit zu schützen, uns für faire marktwirtschaftliche Rahmenbedingungen stark zu machen und so die Grundpfeiler einer offenen und informierten Gesellschaft aufrechtzuerhalten. Dafür lohnt sich jeder Einsatz.      

 

Im MVFP-Arbeitskreis „Digital“ engagieren sich Expertinnen und Experten aus 20 Mitgliedsverlagen des MVFP. Ziele des Arbeitskreises: Weiterentwicklung digitaler Geschäftsmodelle, Austausch zu erfolgreichen Strategien und Technologien, Auseinandersetzung mit aktuellen Trends und Fokusthemen. Für weitere Informationen steht Lutz Drüge, Geschäftsführer Print und Digitale Medien im MVFP, interessierten Mitgliedern gerne zur Verfügung: lutz.druege[at]mvfp.de.

 

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