Verlagstrends 2025: Verlage stärken ihre Effizienz und Glaubwürdigkeit durch „Trusted AI“
Die technologische Transformation, Unsicherheiten durch geopolitische Konflikte und Cyberangriffe sowie der demografische Wandel bestimmen 2025 die Entwicklungen der Verlagsbranche. Dies verdeutlicht die neue Studie „Verlagstrends 2025: Trusted AI – KI zwischen Automatisierung, Authentizität und Akzeptanz“ des Medienverbands der freien Presse (MVFP), die in Zusammenarbeit mit KPMG und Prof. Dr. Thomas Hess von der LMU München erstellt wurde. Demnach sind Automatisierung, Prozessoptimierung und der verantwortungsvolle Einsatz künstlicher Intelligenz die zentralen Bausteine der Verlagsstrategien.
Megatrends 2025: Automatisierung, Unternehmenssicherheit und gesellschaftlicher Wandel im Fokus
Der Studie zufolge ist Automatisierung mit 80 Prozent der wichtigste Megatrend, der in den vergangenen Jahren noch deutlich an Relevanz gewonnen hat (Vergleich 2020*: 46 Prozent). Der demografische Wandel (79 Prozent; 2020: 67 Prozent), die Bedrohung der Unternehmenssicherheit (76 Prozent; 2020: 48 Prozent) und geopolitische Spannungen (64 Prozent; 2020: 26 Prozent) folgen als weitere zentrale Herausforderungen für die Verlagsbranche. Dagegen stehen Themen wie Urbanisierung (26 Prozent; 2020: 23 Prozent) und Nachhaltigkeit (58 Prozent; 2020: 66 Prozent) derzeit weniger im Fokus. Populismus bleibt mit 61 Prozent konstant ein ernst zu nehmendes Thema.
Effiziente Arbeitsabläufe, klare Prozesse und eine nachhaltige Stärkung der Innovationskraft prägen Ausrichtung der Verlage
Im Fokus der 170 an der Studie teilnehmenden Verlage stehen die Optimierung von Arbeitsabläufen und Prozessen (80 Prozent; 2020: 70 Prozent) sowie die Verbesserung der Innovationsfähigkeit (79 Prozent; 2020: 66 Prozent). Die Nutzung innovativer Technologien stieg von 31 Prozent in 2020 auf 68 Prozent in 2025. Auch das Thema Personalgewinnung rückt mit 72 Prozent (2020: 53 Prozent) wieder stärker in den Fokus.
Der Auf- und Ausbau von Multi-Channel-Strategien (76 Prozent) und Partnerschaften (61 Prozent) werden von den Medienhäusern ebenso als zentrale Wachstumstreiber bewertet wie Video- und neue Digitalformate (Video: 54 Prozent, Digital: 52 Prozent).
Fokus künstliche Intelligenz: Von der Strategie über Effizienzgewinn zur verantwortungsvollen Anwendung
Künstliche Intelligenz steht im Zentrum der diesjährigen Studie. Die Ergebnisse bekräftigen, dass das Thema in den Verlagen angekommen ist und stetig in neue Bereiche vordringt. 61 Prozent der befragten Verlage beschäftigen sich aktiv mit der Entwicklung und Umsetzung einer KI-Strategie: 36 Prozent haben eine solche Strategie bereits ausgearbeitet, weitere 25 Prozent befinden sich in der Planung oder Umsetzung. Dabei erweisen sich Mitarbeiterschulungen als wichtigster Hebel für den Einsatz von KI: 71 Prozent der befragten Verlage räumen dem Thema eine hohe Priorität ein, 63 Prozent setzen auf niedrigschwellige Lernformate. Darüber hinaus gewinnen Kooperationen mit externen KI-Anbietern (64 Prozent) und die Entwicklung eigener Lösungen (49 Prozent) an Bedeutung.
KI kommt vor allem bei der Unterstützung kreativer Prozesse und redaktioneller Arbeit zum Einsatz: 55 Prozent der Verlage nutzen KI für Texterstellung und -bearbeitung, 51 Prozent für Rechercheunterstützung und 36 Prozent für Bild- und Videoerstellung und -bearbeitung. Der Nutzungsgrad spezifischer Anwendungen wie Text-to-Speech (31 Prozent) und der Einsatz von KI als Sparringspartner (37 Prozent) erleben außerdem einen kontinuierlichen Anstieg. In administrativen Bereichen, im Kundenservice und Vertrieb ist der KI-Einsatz bislang noch gering.
Beim Einsatz von KI zur Monetarisierung entlang der Customer Journey befinden sich viele Verlage noch in der Planungsphase – etwa bei personalisierten Inhalten (35 Prozent), in der After-Sales-Optimierung (32 Prozent) und für Zielgruppenanalysen (30 Prozent). Verlage sehen Potenziale in der Monetarisierung von Archiven und Datenbanken (42 Prozent), der Lizenzierung aktueller Inhalte als Trainingsdaten für KI-Modelle (39 Prozent) und der Nutzung strukturierter Meta-Daten (29 Prozent).
Die Verlage erwarten sich vom KI-Einsatz vor allem positive Effekte auf Effizienz (52 Prozent) und Produktivität (34 Prozent) und sehen in der Technologie Chancen bei der Personalisierung von Angeboten (28 Prozent) sowie bei der Verbesserung der User Experience (24 Prozent). Die Auswirkungen auf Vertrauen, Kreativität und Zufriedenheit bewerten die Befragten differenziert: 45 Prozent rechnen bei Vertrauen und Glaubwürdigkeit mit gemischten Effekten, elf Prozent sehen positive Impulse für Kreativität, acht Prozent für Mitarbeiterzufriedenheit.
„Trusted AI“: Verantwortungsbewusstsein, Qualität und Transparenz im Fokus
Datenschutz, menschliche Kontrolle und Qualitätssicherung gelten als zentrale Voraussetzungen für den verantwortungsvollen KI-Einsatz. Besonders wichtig sind laut der Studie der Ausschluss vertraulicher Informationen und personenbezogener Daten (80 Prozent), menschliche Verantwortlichkeit („Human in the Loop“ – 68 Prozent), Schulungen (64 Prozent) und Qualitätskontrollen (63 Prozent). Transparenz über den KI-Einsatz und klare Richtlinien werden mehrheitlich als zentral bewertet.
„Der vertrauensvolle Einsatz von KI in der Verlagsbranche erfordert eine klare, transparente Kommunikation und ethische Verantwortung, um sowohl die Kreativität zu fördern als auch die Integrität zu wahren und die Glaubwürdigkeit professioneller Medien zu schützen“, betont Katja Modder, Head of TMT, KPMG. „Verlage sollten sicherstellen, dass alle Beschäftigten über die Funktionsweise und die Entscheidungsprozesse der eingesetzten KI informiert sind. Gleichzeitig braucht es klare ethische Richtlinien, die weiterhin Vielfalt und Kreativität erlauben aber auch einen unkontrollierten KI-Einsatz begrenzen und Missbrauch verhindern. Letztlich ermöglicht es nur ein ‚Trusted AI‘-Ansatz, die Vorteile der KI auszuschöpfen und gleichzeitig die Integrität der Verlage zu wahren.“
Viele Verlage setzen bereits Governance-Maßnahmen um, darunter unternehmensweite KI-Richtlinien (41 Prozent) und redaktionelle Freigabeprozesse (34 Prozent). Technische Lösungen wie automatisierte Quellenverweise (20 Prozent) und Mechanismen zur Halluzinationskontrolle (19 Prozent) befinden sich in der Umsetzung; Fact-Checking-Tools (37 Prozent) und Sicherheitsprotokollen (30 Prozent) sind überwiegend in Planung. Externe Standards wie der EU AI Act und Ethikgremien haben bislang eine eher untergeordnete Rolle gespielt, gewinnen jedoch zunehmend an Bedeutung und prägen immer stärker auch die tägliche Praxis der Verlage.
Transparenz durch klare Kennzeichnung
Die klare Kennzeichnung von KI-generierten Inhalten ist aktuell die wichtigste Maßnahme zur Herstellung von Transparenz. Bereits 44 Prozent der Verlage setzen sie um, bei 27 Prozent ist sie in Planung. Weitere Maßnahmen wie eigene Transparenzseiten (16 Prozent umgesetzt; 35 Prozent in Planung) und die aktive Kommunikation von KI-Prinzipien (14 Prozent umgesetzt; 33 Prozent in Planung) sind mehrheitlich noch in Vorbereitung.
„Viele Verlage erkennen das Potenzial von künstlicher Intelligenz – insbesondere für Effizienz und Produktivität sowie für neue Formen der Inhaltsnutzung. Gleichzeitig handeln sie mit großem Verantwortungsbewusstsein“, betont Lutz Drüge, Geschäftsführer Fachvertretung Die Publikumsmedien im MVFP. „‘Trusted AI‘ ist für die Branche kein leeres Schlagwort, sondern wird aktiv gelebt: KI soll Prozesse gezielt unterstützen, ohne dabei redaktionelle Sorgfalt, Urheberrechte oder das Vertrauen der Leserinnen und Leser zu gefährden. Im Mittelpunkt stehen Qualität, Transparenz und publizistische Verantwortung, um verlässliche, unabhängige und vielfältige Berichterstattung sicherzustellen, die sich klar von KI-generierten Inhalten, algorithmisch getriebenen Echokammern und digitaler Desinformation abgrenzt.“
Branche sieht weiter große Chancen
Auch mit Blick auf die künftige Entwicklung der KI-Nutzung zeigt sich eine anhaltende Dynamik:
„Typischerweise folgt auf die erste Euphorie über die Potenziale einer neuen digitalen Technologie recht schnell die Ernüchterung. Bei der KI-Anwendung in Verlagen ist von Ermüdung allerdings noch nichts zu sehen. Das Thema hat weiterhin eine große Dynamik“, ordnet Prof. Thomas Hess von der Ludwig-Maximilians-Universität München die Studienergebnisse ein.
Die Studie „Verlagstrends 2025: „Trusted AI – KI zwischen Automatisierung, Authentizität und Akzeptanz“ ist ein Kooperationsprojekt des Medienverbands der freien Presse (MVFP) und der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, durchgeführt in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Thomas Hess und Dr. Antonia Meythaler. An der Online-Befragung im Frühjahr 2025 nahmen 170 deutsche Verlage teil. Der Großteil (77 Prozent) ist vorwiegend in den Segmenten Fach- und Publikumszeitschriften tätig. Verlage mit bis zu 100 Mitarbeitenden machen mit 60 Prozent den größten Anteil der Stichprobe aus. Insgesamt 65 Prozent der Teilnehmer sind Geschäftsführerinnen bzw. Geschäftsführer, 18 Prozent haben eine sonstige leitende Funktion inne, und weitere neun Prozent sind im Bereich Strategie bzw. Unternehmensplanung tätig.
* Der Jahresvergleich zwischen 2025 und 2020 wurde im Zuge der Analyse bewusst gewählt, da sich Trendeinschätzungen und strategische Schwerpunkte in der Regel mittelfristig ändern.





