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Reporter ohne Grenzen, Pressefreiheit, Weltkarte

Reporter ohne Grenzen: Hetze gegen Medienschaffende

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Rangliste der Pressefreiheit 2019 veröffentlicht: Medienschaffende arbeiten zunehmend in einem Klima der Angst – vor allem in Ländern, in denen sie sich bisher im weltweiten Vergleich eher sicher fühlen konnten.

© Reporter ohne Grenzen

Die systematische Hetze gegen Journalistinnen und Journalisten hat dazu geführt, dass Medienschaffende zunehmend in einem Klima der Angst arbeiten – vor allem in Ländern, in denen sie sich bisher im weltweiten Vergleich eher sicher fühlen konnten. Zu den Regionen, in denen sich die Lage am stärksten verschlechtert hat, gehört Europa. Auch die USA sind auf der Rangliste nach unten gerutscht. Deutschland ist um zwei Plätze nach oben auf Rang 13 gerückt, was jedoch vor allem daran liegt, dass die Pressefreiheit in anderen Ländern stärker abnahm. Die Zahl der tätlichen Angriffe gegen Journalistinnen und Journalisten ist in Deutschland 2018 gestiegen.

„Auch in Europa münden gezielte Diffamierungen und aggressive, zum Teil hetzerische Kampagnen populistischer Politikerinnen und Politiker gegen Medien in reale Gewalt“, sagte ROG-Vorstandssprecherin Katja Gloger. „So etwa im EU-Beitrittskandidaten Serbien und in Tschechien. Wer Journalistinnen und Journalisten pauschal zu Sündenböcken für gesellschaftliche Missstände macht, bereitet den Boden für Übergriffe, Attentate und sogar Morde.“

Populistische Regierungen schüren Hass auf Medien
Hass gegen Journalistinnen und Journalisten wird besonders in Ländern mit nationalistisch-populistischen Regierungen häufig von ranghohen Politikern geschürt. In Serbien (Rang 90, -14), wo Präsident Aleksandar Vucic kritische Journalistinnen und Journalisten als „Lügner“ oder „ausländische Spione“ diffamiert und regierungstreue Medien gezielte Schmierkampagnen gegen Kolleginnen und Kollegen verbreiten, hat 2018 die Gewalt besonders gegen diejenigen zugenommen, die über Korruption berichten. Im Dezember entkamen der Investigativ-Reporter Milan Jovanovic und seine Frau nur knapp einem Anschlag, als ihr Haus in Brand gesteckt wurde. Wenige Tage später wurde Jovanovic, der über Korruption in der lokalen Verwaltung recherchiert, erneut angegriffen.

In der Slowakei (35, -8), wo der ehemalige Regierungschef Robert Fico Medienschaffende nach Kritik an seiner Regierung öffentlich als „dreckige antislowakische Huren“ beschimpfte, wurden im Februar 2018 der Investigativ-Reporter Jan Kuciak und seine Verlobte erschossen. Die Tat ist bisher nicht vollständig aufgeklärt, obwohl inzwischen vier Tatverdächtige und ein Geschäftsmann als mutmaßlicher Auftraggeber in Untersuchungshaft sitzen. 

In Tschechien (40, -6) griffen Sicherheitsleute von Präsident Milos Zeman Journalisten an, als diese über dessen Wiederwahl berichteten. Zeman, bekannt für geschmacklose Verbalangriffe auf Medienschaffende, führt diese unbeirrt fort: Nachdem er 2017 öffentlich dazu aufgerufen hatte, Reporterinnen und Reporter zu „liquidieren“, und die Attrappe einer Kalaschnikow mit der Aufschrift „Für Journalisten“ in Fernsehkameras hielt, bot er im Herbst 2018 in Anspielung auf die Ermordung des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul an, einen Empfang in der saudi-arabischen Botschaft zu organisieren.

In Österreich (16, -5) nahmen medienfeindliche Rhetorik und Drohungen gegen Medienschaffende stark zu, seit Rechtspopulisten an der Regierung beteiligt sind. Häufig wurden Journalistinnen und Journalisten, die kritisch über die Regierung berichteten, als „Linksextreme“ gebrandmarkt, die das Land destabilisieren wollten. Im Februar bezeichnete Vizekanzler Heinz-Christian Strache den leitenden Moderator des öffentlich-rechtlichen Fernsehens ORF Armin Wolf als Lügner und entschuldigte sich dafür erst, nachdem er durch einen außergerichtlichen Vergleich dazu gezwungen wurde. Im September warnte das FPÖ-geführte Innenministerium die Polizei in einer internen Mail vor bestimmten Medien und empfahl, die Zusammenarbeit mit diesen Zeitungen „auf das nötigste (rechtlich vorgesehene) Maß zu beschränken“.

In den USA (48, -3) zeigt die Hetze Wirkung, mit der Präsident Donald Trump kritische Medien seit seinem Amtsantritt überzieht. Nie zuvor erhielten Journalistinnen und Journalisten – von Trump als „Volksfeinde“ diffamiert – so viele Mord- und Bombendrohungen wie 2018. Immer mehr Medienschaffende nehmen den Schutz privater Sicherheitsfirmen in Anspruch, unter ihnen ein beim Weißen Haus akkreditierter Korrespondent, der mit dem Tod bedroht worden war. Wie real die Gefahr ist, zeigte Ende Juni das Attentat auf die Capital Gazette in Annapolis bei Washington: Ein Bewaffneter drang in die Redaktion der Lokalzeitung ein und erschoss fünf Menschen.

180 Länder untersucht, Deutschland auf Platz 13
Die Rangliste der Pressefreiheit 2019 vergleicht die Situation für Journalistinnen, Journalisten und Medien in 180 Staaten und Territorien. Untersucht wurde das Kalenderjahr 2018. Grundlagen der Rangliste sind ein Fragebogen zu verschiedenen Aspekten journalistischer Arbeit sowie die von ROG ermittelten Zahlen von Übergriffen, Gewalttaten und Haftstrafen gegen Medienschaffende. Daraus ergeben sich für jedes Land Punktwerte, die im Verhältnis zu den Werten der übrigen Länder die Platzierung in der Rangliste bestimmen. Über die Entwicklung der Situation in einem Land gibt demnach eher ein Vergleich der Punktwerte verschiedener Jahre Auskunft als die Bewegung auf der Rangliste. So kann es vorkommen, dass ein Land in der Rangliste einen großen Sprung gemacht hat, sich die Situation tatsächlich (ablesbar an der Punktzahl) aber nur geringfügig verändert hat. Abhängig vom Abschneiden anderer Länder kann ein Land in der Rangliste im Einzelfall auch aufrücken, obwohl sich seine Punktzahl verschlechtert hat und umgekehrt.

Deutschland ist auf der Rangliste um zwei Plätze vom 15. auf den 13. Rang gerückt. Dies liegt jedoch vor allem daran, dass sich die Situation in anderen Ländern verschlechtert hat. Die Zahl der tätlichen Angriffe gegen Journalistinnen und Journalisten in Deutschland ist 2018 sogar gestiegen: ROG zählte mindestens 22 Fälle, 2017 waren es 16. Zu Gewalt kam es insbesondere am Rande rechtspopulistischer Veranstaltungen und Kundgebungen. Bei Demonstrationen in Chemnitz im Sommer 2018 schlugen Protestierende filmenden Journalistinnen und Journalisten wiederholt gegen das Handy oder die Kamera oder griffen sie mit Vorwürfen wie „Lügenpresse“ verbal an. Ein so medienfeindliches Klima wie in Chemnitz herrschte aus Sicht von Reporter ohne Grenzen seit der Hochphase der Pegida-Bewegung im Jahr 2015 nicht mehr. Problematisch sind zudem einige neuere Gesetze wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gegen Hassbotschaften im Internet und das BND-Gesetz, das die Überwachung ausländischer Journalistinnen und Journalisten im Ausland durch den Bundesnachrichtendienst erlaubt.

 

Lesen Sie hier die gesamte Mitteilung von Reporter ohne Grenzen und der Lage der Pressefreiheit weltweit.

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