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MVFP Köln Innovation Tour: Wie Medienhäuser KI leben

Print & Digital Landesvertretung NRW

Vier Stationen, ein zentrales Learning: Nicht die Tools, sondern die Menschen entscheiden über den Erfolg künstlicher Intelligenz in den Medienhäusern von STARTPLATZ über Rudolf Müller bis RTL News.

Foto: MVFP

STARTPLATZ AI Hub (Foto: MVFP)

Katharina Backhaus begrüßte die Gäste bei der Rudolf Müller Mediengruppe (Foto: MVFP)

Sophia Fischer (Foto: MVFP)

Zu Gast bei RTL Deutschland (Foto: MVFP)

Christian Spolders und Timo Schillinger (Foto: MVFP)

Im September führte die MVFP Innovation Tour nach Köln. Auf vier Stationen erfuhren die knapp 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie innovativ die Medienhäuser in der Domstadt aufgestellt sind, welche KI-Strategien dabei zum Einsatz kommen und warum es nicht auf die Tools, sondern auf die Menschen ankommt. 

Der STARTPLATZ AI Hub oder: Warum KI-Kompetenz ein neues Mindset braucht 
Die erste Station der Innovation Tour führte die Gruppe zu STARTPLATZ, einem Startup-Inkubator und -Accelerator mit Standorten in Köln und Düsseldorf. Neben der Vermietung von Büroraum und Co-Working-Spaces an Start-ups und junge Gründerinnen und Gründer unterstützt STARTPLATZ die Mitglieder seiner Community gezielt mit Know-how und Netzwerkangeboten. Zu den prominenten Alumni von STARTPLATZ zählen die deutsche Niederlassung von Doctolib, DeepL sowie der Düsseldorfer KI-Anbieter Cognigy, der kürzlich für fast eine Milliarde US-Dollar vom amerikanischen Softwarekonzern Nice übernommen wurde.      

Seit 2023 – beziehungsweise gemäß der neuen Zeitrechnung „AC – After ChatGPT“, wie Lukas Stratmann, Chief Evangelist bei STARTPLATZ, es formulierte – umfasst das Angebot von STARTPLATZ auch einen AI Hub. Sein Kollege Jonothan Birkett, der als Program Lead tätig ist, erklärte den Gästen das Konzept des STARTPLATZ KI Accelerators. Dieses vom Land NRW geförderte Programm unterstützt Gründerinnen und Gründer, KI nicht nur als Tool, sondern als festen Bestandteil ihrer Geschäftsmodelle und Unternehmenskultur zu verankern. 

Denn, die „Kraft der generativen KI“ liegt laut Lukas Stratmann vor allem darin, dass in einer enormen Geschwindigkeit reale Probleme gelöst und personalisierter Content erstellt werden könne. Dies erfordere allerdings in vielen traditionellen Unternehmen eine Veränderung des Mindsets. 

Für die Digitalisierung Deutschlands sieht Lukas Stratmann durch die KI-Revolution eine große Chance – vorausgesetzt, man konzentriert sich hierzulande auf die „knallharte Anwendung“ dessen, was uns Vorreiter wie die USA in Sachen KI-Technologien zur Verfügung stellen. 

Mindset, Mut und Methode: KI bei Rudolf Müller Medien 
Auf der zweiten Station der Tour berichteten Sophia Fischer, Leitung Media Operations und Innovationsmanagerin, und Maurizio Philippy, Leitung Digital Solutions und Innovationsmanager bei der Rudolf Müller Mediengruppe, davon, wie das B2B-Medienhaus mit KI umgeht und welche Learnings und Strategien aus dem bisherigen KI-Einsatz abgeleitet wurden. Ihr eindrücklicher Vortrag mit dem Titel „KI beginnt im Kopf“ kam nicht nur bei den Gästen aus der Fachverlagswelt gut an. 

Bereits seit 185 Jahren unterstützt der Verlag die Bau- und Immobilienbranche mit Informations- und Serviceangeboten. Heute umfasst das Portfolio Printprodukte, Digitallösungen, Videos und Podcasts sowie Events und Weiterbildungen. Insgesamt 20 verschiedene Verlagsmarken werden von den knapp 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreut, darunter beispielsweise die FeuerTrutz-Messe als Leitevent für die Brandschutz-Branche. 

Rudolf Müller verfolgt einen strukturierten Ansatz für den Einsatz von KI-Technologien. Bereits 2023 wurde dafür ein unternehmensweites KI-Netzwerk gegründet, das seit 2025 als Teil des Innovationsmanagements operiert. Die zentrale Idee: KI soll kein Einzellösungs-Tool bleiben, sondern systematisch in die gesamte Organisation integriert werden. Wichtige Voraussetzungen für das Gelingen sind aus Sicht von Sophia Fischer und Maurizio Philippy der Rückhalt der Geschäftsführung, die Definition von Verantwortlichkeiten sowie eine interdisziplinäre Zusammenarbeit innerhalb des Netzwerks. Der größte Mehrwert liege nicht in kurzfristigen Kostensenkungen, sondern in der Entlastung von Ressourcen und der Steigerung der Produktivität. Gleichzeitig erfordere der Umgang mit KI neue Kompetenzen und klare Zielsetzungen – denn ohne definierte Prozesse oder Performance-Maßstäbe bleibt Effizienzpotenzial ungenutzt.

Als eine der zahlreichen Maßnahmen zur unternehmensinternen KI-Implementierung diente ein „RM-Innovationstag“, bei dem Mitarbeitende in Start-up-ähnlichen Teams Produkte bzw. Kundenlösungen entwickeln sollten. Die besondere Herausforderung bestand darin, gezielt KI-Unterstützung zur Lösung der damit verbundenen Arbeitsschritte einzusetzen. 

In Sachen KI-Unterstützung für die Mitarbeitenden hat man sich bei Rudolf Müller inzwischen für ein eigenes Open-Source-Interface entschieden, das an die Verlagsbranche angepasst ist – aus Gründen der Datensicherheit, Flexibilität und Kostenkontrolle.

Das Fazit des Vortrags: Technologie allein schafft keinen Wettbewerbsvorteil – entscheidend ist, wie strategisch, kreativ und verlässlich KI genutzt wird. Mit dem richtigen Mindset, Mut zur Veränderung und einer klaren methodischen Umsetzung positioniert sich das Kölner Medienhaus damit als Vorreiter in der Fachverlagsbranche – und zeigt, wie KI durchdacht und praxisnah echten Mehrwert schaffen kann.

Wie KI bei DuMont den Lokaljournalismus revolutioniert
„Kölner Stadt-Anzeiger Medien“ (KStA Medien) ist die Dachmarke des Regionalmediengeschäftsfeldes von DuMont, einem Kölner Medien- und Technologieunternehmen mit über 400-jähriger Traditionsgeschichte. Christian Spolders, Redaktionsleiter EXPRESS.de und ksta.de, und Timo Schillinger, Business Lead Newsletter, stellten auf der dritten Station der Tour den strategischen Ansatz vor, den KStA Medien zur Integration von KI in Redaktion, Produktentwicklung und Unternehmensprozesse verfolgt. Dabei wird KI nicht als Selbstzweck verstanden, sondern als Werkzeug zur Optimierung der journalistischen Arbeit und zur besseren Leserbindung – stets mit klarem Bekenntnis zu Transparenz, redaktioneller Verantwortung und journalistischer Qualität. 

Bereits seit 2017 werden in dem Kölner Medienhaus in unterschiedlichen Bereichen KI-Technologien eingesetzt – von Speech Recognition über Data Analytics bis hin zu automatisierten Empfehlungsalgorithmen. Seit 2022 wird auch in den Digitalredaktionen von Kölner Stadt-Anzeiger und Express der Einsatz von KI getestet – mit der klaren Zielsetzung, eine „AI Company“ zu werden. Vor allem repetitive Aufgaben sollen dabei in den verschiedenen Geschäftsbereichen von KI übernommen werden, so dass dadurch Freiräume für kreatives journalistisches Arbeiten entstehen. Im Rahmen der KI-Strategie wurde deswegen vor allem im Bereich „Organisationskultur“ viel Arbeit investiert, um möglichst viele Ideen der Mitarbeitenden zur Anwendung von KI in den Workflows zu berücksichtigen. 

In den Produkten von KStA Medien kommt KI seit 2021 zum Einsatz. Mit dem Relaunch der Seite ksta.de wurden seinerzeit erstmals personalisierte Inhalte über Recommender-Systeme ausgespielt, wodurch die Klickraten um bis zu 80 Prozent gesteigert werden konnten. Etabliert hat sich beim Home-Recommender ein 20:80-Modell, erklärte Timo Schillinger: Während 20 Prozent der Inhalte – nämlich das, wofür die Marken ksta.de und express.de stehen – weiterhin von den Redaktionen kuratiert und im oberen Bereich der Seiten platziert sind, werden 80 Prozent dynamisch personalisiert ausgespielt – mit messbar höheren Leserinteraktionen. Außerdem werden KI-Technologien mittlerweile zur automatisierten Artikel-Erstellung (z.B. dem Aufbereiten von Polizeimeldungen) und zum dynamischen Paywalling eingesetzt. Für die Automatisierung bei der Newsletter-Erstellung wurden bereits erste Gehversuche mit AI-Agenten gemacht. 

Christian Spolders und Timo Schillinger betonten ausdrücklich die ethischen Leitlinien von DuMont im Umgang mit KI: Die Technologie wird als ein Werkzeug verstanden und stellt keinen Ersatz für journalistische Kompetenz dar. Dementsprechend verbleibt die redaktionelle Kontrolle auch beim Menschen. Zudem ist in den Editorial Guidelines des Verlagshauses die transparente Kennzeichnung KI-basierter Inhalte festgeschrieben. Die finale Prüfung und Veröffentlichung von Beiträgen liegt immer in menschlicher Hand. 

Durch klare Prozesse, strategische Priorisierung und eine offene Innovationskultur gelingt es dem Kölner Stadtanzeiger, KI in den Dienst des Journalismus zu stellen. Das führt zu einem Effizienzgewinn fürs Unternehmen und einem Mehrwert für Leserinnen und Leser – bei gleichzeitiger Wahrung publizistischer Standards.

Vom Hype zur konkreten Anwendung: KI bei RTL News
Zum Abschluss der Tour ging es über den Rhein nach Köln-Deutz zur Zentrale von RTL Deutschland. Bei RTL News, der journalistischen Unit des Medienhauses, arbeiten aktuell etwa 1.700 Journalistinnen und Journalisten mit Unterstützung von technischen Einheiten und Fachabteilungen an der Erstellung von crossmedialem Content für die Bereiche TV, Digital, Audio und Print. Philippe Jäckel, Director Content Technology & Change, zeigte in seinem Vortrag auf, dass KI längst integraler Bestandteil eines systematisch durchdachten Technologie- und Produktionsprozesses ist. Den Gästen der MVFP Innovation Tour gewährte er einen Einblick in die KI-Strategie des Hauses, die geprägt ist von Pragmatismus, Produktorientierung und konkretem Mehrwert für Redaktion und Unternehmen. 

Statt blindem Innovationsdrang setzt RTL News auf einen kontrollierten, nutzungsbasierten Technologieeinsatz: Der KI-Hype sei durchlebt, so Jäckel, jetzt gehe es darum, belastbare Systeme zu schaffen, die journalistische Arbeit sinnvoll unterstützen. So kam es seit 2023 im Unternehmen zu einem strategischen Shift hin zu einer KI-basierten Content-Produktion, die alle Bereiche betrifft – von der Planung über die Redaktion bis zur Distribution. Parallel dazu wurde eine eigene Infrastruktur mit einem KI-Orchestrator aufgebaut, der unabhängig von einzelnen Tools-Anbietern agiert und je nach Anwendungsfall unterschiedliche Modelle kombiniert. Nicht jede Innovation habe sich in der Praxis als effizient erwiesen, so das klare Fazit von Philippe Jäckel. Viele vermeintlich spektakuläre KI-Projekte – etwa zur automatisierten Videoproduktion oder semantischen Suche – scheiterten an Zeitaufwand, geringer Effizienz oder fehlender Skalierbarkeit. Den größten Nutzen brachten hingegen „kleinere“ Use Cases mit Tools für Textzusammenfassungen, Metadatenanreicherung, individuelle Bild- und Videogenerierung für Newswalls sowie experimentelle Editoren im „Newsroom of the Future“.

Perspektivisch will RTL News mit der Weiterentwicklung autonomer Agenten arbeiten, die Aufgaben aktiv steuern können – etwa in der Videokonfektionierung. Das übergeordnete Ziel bleibt dabei stets klar: KI muss sich an der tatsächlichen Nützlichkeit im redaktionellen Alltag messen lassen – nicht an der technischen Komplexität oder Neuheit.

Die letzte Station der Tour zeigte eindrucksvoll: Wenn KI im Unternehmen wirken soll, liegt das meist nicht an Tools, sondern an den Menschen. Entscheidend ist ein offenes Mindset auf allen Ebenen, das Veränderung nicht nur zulässt, sondern aktiv gestaltet. 

Positives Feedback zur Tour 
Teilnehmerin Lisa V. konnte von der Tour viele Ideen für ihre eigene Arbeit in einem Fachmedienhaus mitnehmen. Ihr Fazit: „Die Innovation Tour kann ich nur empfehlen. Das Thema KI brennt allen medienschaffenden Unternehmen unter den Nägeln. Wir haben wertvolle Einblicke erhalten, wie große Medienhäuser das Thema KI bereits erfolgreich umsetzen.“

„Hoch informative und erfrischend offene Einblicke in strategische Überlegungen und praktische Nutzung von KI in Redaktion und Content-Produktion“, resümierte Dr. Andrea Kargus vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, die Tour. 

 

Neugierig geworden? Unser nächstes Ziel ist Zürich. Begleiten Sie uns am 4. und 5. November durch die Schweizer Metropole und erhalten Sie u. a. Einblicke bei Ringier, Tamedia und der NZZ.

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