Kaminabend MVFP Bayern: Respektvoller Diskurs statt Lagerdenken
Eine bis auf den letzten Platz gefüllte “buffet Kull Bar”, 80 Gäste und eine lebhafte Debatte über Demokratie und Spaltung – das bot der Kaminabend des MVFP Bayern am 28. Januar.
Horst Ohligschläger, Vorsitzender des MVFP Bayern, und Geschäftsführerin Anina Veigel hatten unter dem Titel „Meine – deine – unsere Freiheit: Im Spannungsfeld zwischen demokratischen Werten und gesellschaftlicher Spaltung“ zum Talk zwischen Prof. Dr. Isabell M. Welpe, Professorin am Lehrstuhl für Strategie und Organisation an der Technischen Universität München, und Udo Hahn, Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing, eingeladen. Die Politikjournalistin Tanit Koch interviewte die Gäste.
Horst Ohligschläger eröffnete den Abend mit eindringlichen Worten: „Ein fundierter und respektvoller Diskurs ist zentral für den Zusammenhalt in der Gesellschaft und unsere demokratischen Werte. Gerade wir als Zeitschriftenverlage sehen es als eine unserer wichtigsten Aufgaben, mit unseren Publikationen die Basis für eine offene, qualitätsvolle und von Respekt getragene Kommunikation zu schaffen. Der öffentliche Diskurs wird jedoch zunehmend von Lautstärke, und immer weniger von Substanz geprägt. Hier müssen wir als Gesellschaft umdenken und wieder mehr Wert auf Wahrheit und Fakten legen und auch unser Verständnis von Toleranz hinterfragen.“
„Es gibt keinen besseren Zeitpunkt für diese Diskussion, denn das Spannungsfeld zwischen demokratischen Werten und gesellschaftlicher Spaltung wird uns in den Nachrichten täglich vorgeführt“, leitete Tanit Koch die Talkrunde mit Blick auf den laufenden Wahlkampf und die Berichterstattung zur vorgezogenen Bundestagswahl ein.
Als Grundlage des gesellschaftlichen Miteinanders plädierte Prof. Dr. Isabell M. Welpe für den Austausch von Argumenten aus allen Perspektiven: „Ein Argument ist nicht falsch, nur weil es von jemandem kommt, den ich nicht mag. Ich empfinde zu viel Lagerdenken in der Gesellschaft. Auch das spaltet uns, und dagegen muss man angehen“, – und ergänzte aus ihrer wissenschaftlichen Perspektive: „Die Wissenschaft lebt vom Prinzip „Zweifel“. Diesen Zweifel, ob die Dinge so sind wie sie scheinen, vermisse ich häufig im öffentlichen Diskurs.“
Die Talkrunde beleuchtete außerdem das Thema Toleranz und ihre Grenzen. Zu seiner persönlichen Definition erläuterte Udo Hahn: „Landläufig wird Toleranz mit Desinteresse gleichgesetzt. Mein Toleranzbegriff hat etwas Aktives: auf den anderen zu zugehen und verstehen zu wollen.“ In Zeiten der Nachrichtenmüdigkeit forderte er einen stärkeren Fokus auf die Vermittlung von Medienkompetenz: „Sich ein eigenes Urteil bilden zu können, wird in unserer Schulbildung nicht ausreichend vermittelt. Dass wir Menschen in die Lage versetzen, festzustellen, welche Quellen vertrauenswürdig sind und welche nicht – das ist die größte Herausforderung für unser Bildungssystem: Wir müssen die Menschen zur Mündigkeit erziehen.“
Anina Veigel fasste zusammen: „Für die demokratische Grundordnung haben die Medien eine zentrale, aber auch verantwortungsvolle Funktion: im Sinne des Pressekodex weiterhin unabhängig, wahrhaftig und sorgfältig über das Geschehen in der Welt zu berichten und damit den Diskurs über Freiheit und Toleranz lebendig zu halten. Deshalb ist es so wichtig, dass Medienschaffende faire Rahmenbedingungen haben, um dieser Rolle gerecht zu werden.“