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Wakeup-Call für Facebook

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Interview mit Stephan Scherzer über Instant Articles | erschienen bei dpa am 25. Mai 2017

© iStock/bombuscreative

Die Ansichten über Sinn und Unsinn der Zusammenarbeit mit Facebook gehen auseinander. Das gilt unter Verlagen insbesondere für dessen Projekt Instant Articles, bei dem Berichte direkt in dem sozialen Netzwerk ohne Verlinkung auf eine andere Website veröffentlicht wrden. Auch Stephan Scherzer, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), ist bei der Bewertung gespalten: "Wir sehen Bewegung, aber es tut sich zu wenig, deshalb ist es gut, wenn weltweit starke Marken jetzt mal den Stecker ziehen", sagte er im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur zum Ausstieg von "New York Times" und "Guardian".

dpa | Wie ist Ihr Zwischenfazit für die Nutzung von Instant Articles durch deutsche Verlage?

Scherzer | Facebooks Strategie ist es, die Menschen im sozialen Netzwerk zu halten und nicht weiterzuleiten, um dort mit Werbung Geld zu verdienen - im vergangenen Jahr immerhin knapp 28 Mrd. Dollar. Das macht das Verhältnis zu den Verlagen durchaus ambivalent. Für mich ist der Ausstieg der "New York Times", des "Guardian", von "Forbes" und "Quartz" ein deutlicher Wakeup-Call für Facebook, da die aktuelle Zusammenarbeit zu einseitig ist. Auch in Deutschland stellen sich viele Häuser diese Frage. Aber anders als in den USA wird hier noch getestet und bewertet.

Welche Erwartungen haben sich erfüllt?

Grundsätzlich haben Verlage das Verständnis, mit einem globalen Konzern zu tun zu haben, der einen nicht ansatzweise auf Augenhöhe behandelt. Der Qualitätsinhalt der Verlage zahlt mehr bei Facebook ein als bei den Häusern selbst. Es hat viel zu lange gedauert, bis Registrierungsmöglichkeiten für Verlagsangebote wie Newsletter, Abos und Events umgesetzt wurden. Eine nutzerfreundliche Weiterleitung von Traffic auf Verlagsseiten fehlt ebenso wie Paid-Content-Optionen - wie etwa bei We-Chat, das in vielem innovativer ist. Facebook könnte sich überlegen, ob es Umsatzgarantien für Editorial-Media-Seiten mit redaktionellem Content gibt. Die Verlage sind kritisch, skeptisch und erwarten von Facebook - gerade aufgrund der monopolartigen Position - eine ernsthafte Verbesserung der Zusammenarbeit.

Sehen Sie bei Facebook schon Bewegung?


Wir sehen Bewegung, aber es tut sich zu wenig, deshalb ist es gut, wenn weltweit starke Marken jetzt mal den Stecker ziehen. Das hat durchaus eine taktische Komponente. Es ist gut zu sagen, man testet noch, man probiert es aus. Wenn allerdings die Augenhöhe fehlt, sich die Redaktionen und Verlage gegängelt fühlen, darf sich Facebook über die Kritik und die Folgen nicht wundern. Facebook könnte redaktioneller Inhalte als Chance sehen, gerade weil die Kritik an der Qualität der Umfelder, sogenannter Fake News und Hatespeech, da ist. Werbekunden stellen vermehrt die Frage, wo steht eigentlich meine Werbung, neben welchen Inhalten? Redaktionelle Inhalte bekannter Marken geben Lesern und Werbungtreibenden vertrauensvolle Umfelder.

Das Interview führte Andreas Heimann, dpa

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