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promedia-Umfrage unter Medienverbänden zu den medienpolitischen Erwartungen 2018: Prof. Dr. Christoph Fiedler im Interview | aus promedia Januar 2018

promedia Januar 2018, S. 10-12

Die für Publikums-, Fachzeitschriften und Zeitungen relevanten Gesetze gehen über die Mediengesetze im engeren Sinne wie Pressegesetze, Telemedienstaatsvertrag oder audiovisuelle Mediendiensterichtlinie weit hinaus. Weichenstellungen im Urheberrecht, Steuerrecht, Wettbewerbsrecht und Datenschutzrecht sind für die Frage des Fortbestands der zunehmend digitalisierten privaten Presse von herausragender Bedeutung.

Anerkennung der Presseverleger als Rechteinhaber überfällig
Berlin und Brüssel müssen in Sachen EU-Urheberrecht entschlossen agieren. Die Vermarktungshoheit der Verlage über ihre journalistischen Produkte ist eine offenbare Existenzbedingung staatsunabhängiger digitaler Pressefinanzierung. Deshalb ist der Vorschlag einer Anerkennung der Presseverleger als Rechteinhaber im EU-Urheberrecht ebenso historisch wie überfällig.

Keine weitere Aushöhlung des Urheberrechtsschutzes
Der EU-Urheberrechtsvorschlag enthält diverse Verschlechterungen der Rechtslage zu Lasten von Fach- und Publikumspresse wie Urhebern. Keine einzige dieser neuen oder intensivierten Schranken ist sachlich gerechtfertigt. Gleiches gilt für die durch das deutsche Urheberrechtswissensgesellschaftsgesetz neu geschaffenen oder verschärften Verkürzungen des Urheberrechtsschutzes.

Tschechiens Blockade im EU-Finanzministerrat überwinden
Die deutsche Bundesregierung hat bilaterale Beziehungen zu Tschechien. Diese muss sie nutzen, um den Blockierer Tschechien davon zu überzeugen, doch noch einer Erstreckung der reduzierten Mehrwertsteuer auf digitale Zeitschriften und Zeitungen zuzustimmen.

Deutschland muss die redaktionelle Pressefreiheit gegen den Datenschutz verteidigen
Die letzte Bundesregierung hatte sich mit einem gewissen Erfolg und im Einklang mit ihrem Koalitionsvertrag dafür eingesetzt, dass ein Minimalschutz redaktioneller Pressefreiheit in der EU-Datenschutzgrundverordnung gewahrt bleibt und dass Deutschland mit guten Gründen wenigstens den status quo des Schutzes digitaler und gedruckter Presse erhalten kann. Die Länder sollten die Pressefreiheit ohne Abstriche festschreiben und jeder freiheitzerstörenden Auslegung des EU-Rechts durch die EU-Kommission oder nationale Datenschützer geschlossen und mit Nachdruck unter Ausnutzung aller rechtlichen und politischen Möglichkeiten entgegentreten.

E-Privacy-Verordnung: Verschärfung der Verarbeitungsverbote verhindern
Deutschland hat, soweit ersichtlich, vor allem auf Wunsch des BMJV im Rat wenig dazu beigetragen, eine nunmehr in weiten Teilen unklare und restriktive Datenschutzgrundverordnung zu verhindern. Und bei der aktuellen Ausdehnung und Verschärfung der Verarbeitungsverbote im Zusammenhang mit Internet-Cookies etc. scheint die deutsche Position bislang wiederum eher einseitig dem Datenschutz und den Bedürfnissen der Internet-Plattformgiganten zuzuneigen.

Diskriminierungsfreier Marktzugang zu digitalen Monopolplattformen
Die EU-Kommission ist infolge des Einspruchs der Presseverleger nicht nur von einem schalen Deal mit dem Suchmaschinenmonopol des US-Unternehmens Alphabet abgerückt. Sie hat erstmals unter Verhängung einer Rekordbuße einem digitalen Monopol untersagt, auf seiner Plattform, hier der quasimonopolistisch beherrschten Internet-Suche, eigene Inhalte, hier Google-Products, in Ranking und Darstellung zu bevorzugen und konkurrierende Inhaltsanbieter zu benachteiligen. Diesen richtigen wettbewerbspolitischen Ansatz sollte die deutsche Politik nach Kräften unterstützen.

Sogenannte Plattformregulierung ist nur als Zugangsrecht aller journalistischen Medien unter Einbeziehung digitaler Presse gerechtfertigt
Das Gegenteil diskriminierungsfreien Zugangs zu Medienverteilplattformen sind – nach dem hier bekannten Stand – Pläne der Länder zur gesetzlichen Regulierung sogenannter Medienplattformen im Rundfunkstaatsvertrag. Wie die Länder, die die gesetzliche Verantwortlichkeit für alle Medien haben, eine solche Klientelpolitik für den Rundfunk unter zwangsläufiger und bewusster Diskriminierung der digitalen Presse betreiben können, ist und bleibt außerhalb der Kreise der Akteure ein Rätsel.

Ein Nein zu jeder öffentlich-rechtlichen Presse
Das geltende Verbot presseähnlicher nichtsendungsbezogener Internetangebote von ARD und ZDF ist hilfreich, lässt aber noch Umgehungsmöglichkeiten. Es sollte deshalb in einem Sinne verbessert werden, der die Unterscheidbarkeit öffentlich-rechtlicher Telemedien von digitalen Presseangeboten effektiv sichert. Dafür ist es insbesondere erforderlich, dass eine öffentlich-rechtliche digitale Zeitung oder Zeitschrift auch dann unzulässig bleibt, wenn sie alle ihre im Übrigen pressemäßigen Einzelartikel als sendungsbezogen kennzeichnet.

Verlagswirtschaftliche Kooperationen erleichtern
Die Erleichterung verlagswirtschaftlicher Kooperationen für Zeitschriften und Zeitungsverlage im deutschen Wettbewerbsrecht ist eine positive Entwicklung. Die Politik sollte nun schauen, ob die Kooperationserlaubnis bloß im deutschen Recht genügt oder ob nicht auch das EU-Wettbewerbsrecht eine entsprechende Ausnahme benötigt.

Keine neuen Werbeverbote
Das Kleinanlegerschutzgesetz hat neue Werbeverbote geschaffen. Im Zuge der Ausdehnung der EU-Vorgaben für Energielabel in der Medienwerbung ist die Bundesregierung nicht durch entschiedenen Einsatz für die Werbefreiheit als Finanzierungsbedingung freier Medien aufgefallen. Stattdessen drohen nun äußerst schädliche Zwangshinweise durch schlichten Erlass der EU-Kommission.

Telefonmarketing nicht weiter beschränken
Zeitschriften- und Zeitungsabonnements sind erklärungsbedürftige Produkte ohne Ladenlokal, die auf Direktmarketing angewiesen sind. Das Recht des Telefonmarketings ist schon jetzt äußerst restriktiv und ausreguliert. Jede weitere Verschärfung wäre überzogen und eine massive Bedrohung des Vertriebs privater gedruckter wie digitaler Presse.

Keine Entgrenzung der TV-Werbezeiten
SPD und CDU setzen sich im Ministerrat wie im EU-Parlament dafür ein, das EU-Recht zu liberalisieren, das TV-Werbezeiten im Interesse der Werbefinanzierung der Presse begrenzt. Dabei bestreitet die Politik die offenbare Realität, dass TV schon jetzt Print Werbegelder wegnimmt und dass die verlangte Rechtsänderung diesen für den privat finanzierten Print-Journalismus äußerst schädlichen Prozess weiter anheizen wird.

Netzwerkdurchsetzungsgesetz bleibt verfehlt
An die Stelle des Rechtsstaates tritt eine private Inhaltskontrolle, die auch alle Verlagsinhalte überwachen soll, die über Plattformen ausgespielt werden. Das Gesetz ist schon deshalb schlecht, weil es als Vorbild für zahllose und womöglich noch sehr viel freiheitsfeindlichere Gesetzesprojekte dient und dienen wird. Es sollte als populistischer Irrtum ersatzlos gestrichen werden. // 

Prof. Dr. Christoph Fiedler
VDZ-Geschäftsführer Europa- und Medienpolitik
Chairman Legal Affairs EMMA European Magazine Media Association

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