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'Am Kiosk' mit Dr. Jürgen Rink: Gegen den Strom erfolgreich

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„c’t“-Chefredakteur Dr. Jürgen Rink ist begeistert vom frischen Wind, mit dem „Katapult“ erfolgreich durch die Zeitschriftenbranche fegt. Dabei dürfte es dieses Magazin nicht geben, wenn es nach den gängigen Narrativen der Medienbranche ginge.

In der PRINT&more-Rubrik "Am Kiosk" stellt in jeder Ausgabe ein Chefredakteur seinen Lieblingstitel vor - alles ist erlaubt, außer den eigenen zu präsentieren.

Mal angenommen, Sie planen ein neues Magazin ohne Fotos, das neben Text nur Infograken enthält. Das Heft soll über Sozialwissenschaftliches und Politik informieren und nur als gedruckte Ausgabe in den Handel kommen, ohne digitale Ausspielungen. Werbung ist unwichtig. Welche Chancen geben Sie diesem Magazin?

Dieses Magazin heißt „Katapult“, kommt aus einem Kleinverlag in Greifswald und wächst seit seiner Gründung 2015 exponentiell – etwa alle neun Monate verdoppelt sich die Abo-Auage, Anfang Juni 2021 liegt sie bei knapp 80.000 (Verlagsangabe). Wenn das so weitergeht, zieht „Katapult“ in knapp zwei Jahren mit meinem „c’t magazin“ gleich, ich werde dann die Glückwünsche persönlich überbringen …

Ein Freund hat mir „Katapult“ in die Hand gedrückt. Zunächst war ich skeptisch, denn soziologische Themen stehen bei meiner knappen Lesezeit nicht weit oben und fürs Politische konsumiere ich genügend Medienangebote. Doch das Magazin traf bei mir einen Nerv. Sogar bei Themen wie Kernkraft oder Nationalsozialismus, bei denen ich wegen Überangebot oft abwinke, gelingt es „Katapult“, eine Geschichte frisch und unverbraucht zu erzählen. Jeder Artikel ist flankiert von Infograken, die das machen, was sie sollen: auf einen Blick informieren.

In der aktuellen Ausgabe 21 habe ich gelesen, dass Frauen in fast allen Ländern früher deutlich rechter gewählt haben als heute. Dass „Querdenker“-Demos tatsächlich Superspreader-Events waren, weist ein anderer Beitrag anhand einer Studie nach, die die Busreisen zu den Demostädten untersucht hat. Einer der längsten Beiträge befasst sich mit dem Literaturhistoriker Adolf Bartels aus Weimar, einem wütenden Antisemiten und einem der Wegbereiter des Nationalsozialismus. Die Botscha: solche Menschen mit Blick auf heute nicht wieder zu unterschätzen.

„Katapult“ agitiert dabei nicht, sondern informiert quellenbasiert, dierenziert und unaufgeregt. Seriöse Recherche und Transparenz sind den Machern wichtig. „Katapult“ ist relevant für die Leser – übrigens der Schlüssel für erfolgreiche Zeitschrien. Zwischen all dem Seriösen blitzt der Schalk im Nacken auf. Der Titel-Claim „Magazin für Eis, Kartografik und Sozialwissenschaft“ warnt schon mal vor. Das vierteljährliche Magazin wird flankiert von einer Buchreihe, dem Spin-off „Knicker“, einer Karte im A1-Format, und Merchandising wie einem Physikkartenspiel oder dem Frisbee-Globus für Flat-Earther. Ach ja: Mal angenommen, Sie planen eine gedruckte Lokalzeitung in Mecklenburg-Vorpommern, um der teils rechtslastigen Lokalpresse des Bundeslandes seriöse Information entgegenzusetzen. Und sie lehnen Werbepartner dabei ab. Welche Chancen geben Sie dieser Regionalzeitung? „Katapult“-Chefredakteur Benjamin Fredrich macht genau dieses seit 1. Juni mit dem neuen Projekt „Katapult MV“. Seit März ist das Projekt öffentlich und hat derzeit 3.908 Abonnenten (Juni), Tendenz steigend.

erschienen in PRINT&more 2/2021

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